SN.AT / Jungeseite

Die Junge Seite: Was darf ein Lehrling?

Arbeitsleben. Nach neun Jahren Schule ab ins Berufsleben: Wie das bestmöglich gelingt, erklärt Tobias Neugebauer von der Arbeiterkammer.

„Ein guter Mensch bleibt lebenslang Lehrling“, wusste schon der römische Dichter Marcus Valerius Martial.
„Ein guter Mensch bleibt lebenslang Lehrling“, wusste schon der römische Dichter Marcus Valerius Martial.

"Ein guter Mensch bleibt Lehrling lebenslang." Dieser Satz stammt vom römischen Dichter Marcus Valerius Martial. Für viele Österreicher beginnt dieser Lebensabschnitt bereits nach der neunjährigen Pflichtschule. Denn zu diesem Zeitpunkt entscheiden sie sich, eine Lehre im dualen System aufzunehmen - das heißt, sie genießen eine Ausbildung im Betrieb sowie in der Berufsschule.

Da kann leider so einiges schiefgehen und viele Lehrlinge erleben immer wieder kleinere und größere Probleme im Berufsalltag. Um mich mit dem Konzept der Lehre und den dazugehörigen Rechten vertraut zu machen, habe ich mich mit Tobias Neugebauer von der Arbeiterkammer Salzburg getroffen.

In Österreich gibt es etwa 200 verschiedene Lehrberufe, erzählt er mir. Bei Mädchen sind die beliebtesten Lehrberufe im Einzelhandel, zur Bürokauffrau und zur Friseurin. Burschen machen am häufigsten eine Ausbildung in der Metalltechnik, Elektrotechnik oder in der Kraftfahrzeugtechnik. Man verbringt einen Teil seiner Lehre in einem Betrieb, mit dem man einen Vertrag abschließt. Dieser kann nicht gekündigt werden, da er auf begrenzte Zeit abgeschlossen wurde und grundsätzlich nur mit dem Ablauf der Lehrzeit oder der Lehrabschlussprüfung endet. Einvernehmlich sowie in der Probezeit kann man das Verhältnis dennoch lösen.

Sollte es jedoch grobe Verfehlungen geben, kann man natürlich etwas machen. Beispielsweise versichert der Lehrbetrieb durch Unterzeichnung des Lehrvertrags, dass man sich intensiv mit dem Lehrling und seinen Fähigkeiten auseinandersetzt und ihn entsprechend ausbildet. Der Lehrling hat im Gegenzug insbesondere die Verantwortung, das Gelernte anzuwenden und sich zu bemühen, dafür bekommt er dann das Lehrlingseinkommen. Ebenso sollte man keine ausbildungsfremden Tätigkeiten machen müssen (Rasen mähen als Mechaniker, Auto des Chefs putzen als Bürokauffrau). Neben diesen Beispielen kann es auch zu Gewalt, Mobbing oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz kommen. In solchen Fällen kann es einem nicht zugemutet werden, die Arbeit weiter auszuüben. Anfangs - also schon bei kleineren Problemen - sollte man ein Gespräch mit der Geschäftsleitung suchen. Sollte das aber nicht helfen, kann man sich laut Neugebauer gerne (auch anonym) bei der AK melden. Es gibt auch das Lehrlingscoaching, ein kostenloses Programm, das Lehrlinge in solchen Situationen (besonders bei zwischenmenschlichen Problemen) unterstützt und begleitet.

Kommt es nun so weit, dass man die Lehre abbricht, könnte man dieselbe Lehre in einem neuen Betrieb sofort wieder aufnehmen. Jegliche Lehrzeit wird einem hier angerechnet. Es gibt auch verwandte Lehren, in denen einem Teile oder sogar die ganze Lehrzeit angerechnet werden.

Minderjährige dürfen während der Lehre keine Überstunden leisten. Volljährige Lehrlinge dürfen das sehr wohl, müssen dann aber die Überstunden ausbezahlt bekommen, als wären sie eine Fachkraft und kein Lehrling. Unter 18 sind Überstunden nur in Ausnahmen an einzelnen Tagen zulässig, wie zum Beispiel, wenn man sich dann eine längere Wochenfreizeit aushandeln kann (Montag bis Donnerstag arbeitet man länger, um am Freitag früher gehen zu können).

In der Phase der Berufsschule darf man nicht in den Betrieb geholt werden, vor allem nicht am Wochenende. Wenn es zumutbar ist, darf man etwa falls Stunden an der Berufsschule ausfallen, unter der Woche schon arbeiten gehen. Unabhängig vom Alter darf der Arbeitstag aber nicht mehr als acht Stunden betragen.

Tobias Neugebauer hat für zukünftige Lehrlinge noch einige Tipps parat: Jeder, der vorhat, eine Lehre zu beginnen, sollte sich vorher genau überlegen, ob er diese Arbeit ein Leben lang oder zumindest für eine gewisse Zeit machen will. Außerdem sollte man am besten im zukünftigen Lehrbetrieb einmal reinschnuppern und vielleicht andere Lehrlinge fragen, wie es ihnen in dem Job geht. Falls Probleme auftauchen, sollte man sich rechtzeitig bei den zugehörigen Stellen melden, damit so schnell wie möglich etwas dagegen gemacht werden kann.

Wer wegen arbeitsrechtlicher Probleme zur Arbeiterkammer geht, kann anonym bleiben, also sollte man sich nicht scheuen, sich dort zu melden und Fragen beantworten zu lassen.

Valentina Perner ist 20 Jahre alt, kommt aus Nußdorf am Attersee und arbeitet als Fremdsprachenkorrespondentin.