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Drache im Schafspelz: der MG4 XPower

Mit der Sportversion des Kompaktmodells MG4 hat der chinesische Hersteller MG einen potenziellen Golf-Jäger im Portfolio. Doch im Alltag gibt sich der potente Stromer verbindlich und - falls gewünscht - auch durchaus sparsam.

Von vorne sieht man dem 435-PS-MG seine Power nicht an.
Von vorne sieht man dem 435-PS-MG seine Power nicht an.

Kaum ein Neuwagen verkörpert die sagenumwobene Innovationsgeschwindigkeit chinesischer Marken aktuell besser als der MG4 XPower. Als der SAIC-Konzern, seines Zeichens größter Autohersteller im Reich der Mitte, vor einigen Jahren die Namensrechte an MG übernahm, wurde man im Westen noch milde belächelt. Heute verkauft die Marke, die 2024 ihren 100. Geburtstag feiert, in Europa bereits über 200.000 Fahrzeuge. Die große Mehrheit davon rein elektrisch.

In Österreich ist der Aufstieg von MG eine ganz besondere Erfolgsstory. Innerhalb der Denzel-Gruppe, mit dem bekannt umtriebigen Geschäftsführer Andreas Kostelecky sowie einem Händlernetz von mittlerweile 41 (!) Standorten hat man im Vorjahr hierzulande 2486 Autos verkauft. Klingt unspektakulär, bedeutet aber einen Zuwachs von 97 Prozent gegenüber 2022 und - noch wichtiger - einen Marktanteil von einem Prozent. Damit lassen die Chinesen mit dem englischen Namen mittlerweile einige sogenannte Traditionsmarken hinter sich.

Sportversion MG4 XPower: jeder Opel-Manta-Fahrer würde vor Neid erbleichen

Vom meistverkauften Modell in Österreich, dem MG4, gibt es mittlerweile neben einer Version mit besonders viel Reichweite (520 Kilometer) auch die Sportvariante XPower. Davon ist auf den ersten Blick nicht viel zu sehen, was vor allem daran liegt, dass der MG4 als solche bereits reicht breitbeinig daherkommt. Vorne dominieren die sportlichen Lufteinlässe sowie die sechsteiligen LED-Lichtsignaturen. So richtig hingelangt haben die Designer in Fernost aber beim Heck: Angesichts des zweiteiligen Dachspoilers und der breiten Heckleuchten-Spoiler-Kombination mit Lichtmuster würde jeder Opel-Manta-Fahrer vor Neid erbleichen.

Die technischen Daten des stärksten MG4-Modells können sich sehen lassen

Stolze 435 PS und 600 Newtonmeter maximales Drehmoment reichen für einen Sprint von 0 auf 100 in gerade einmal 3,8 Sekunden. Die raketenartige Beschleunigung reicht locker aus, dass auch dem Fahrer schlecht wird. Anstatt der ansonsten im MG4 üblichen Begrenzung auf 160 km/h läuft der XPower sogar 200 km/h. Damit das Gesamtpaket nicht nur geradeaus, sondern auch in Kurven ansprechend reagiert, kommt das Sportmodell mit härteren Federn und Dämpfern, einer direkteren Lenkung sowie Torque Vectoring vorne sowie elektronischem Differenzial hinten.

MG4 XPower für Elektroautos vergleichsweise leicht

Positiv fällt auf, dass der MG4 XPower für Elektroautos vergleichsweise leicht ist: Seine 1,8 Tonnen Leergewicht spürt man nicht nur angenehm in Kurven, auch beim Bremsen haben die orangen Bremssättel buchstäblich leichtes Spiel.

Wenngleich der MG4 im Kompaktsegment vor allem Player wie den Golf und mit der XPower-Variante folglich den GTI im Visier hat, machen ihn seine 435 PS noch zu keinem Supersportler. Dafür ist das Fahrwerk doch zu komfortabel ausgerichtet, was in 99 Prozent der alltäglichen Situationen ja auch die richtige Wahl darstellt. Am ehesten ist es die Kombination aus kompaktem Stromer, Allradantrieb und Kampfpreis, die den MG4 zu einer echten Versuchung macht. Dass bei einem ausstattungsbereinigten Aufpreis von rund 5000 Euro auf 435 PS so mancher schwach wird, überrascht keineswegs.

IM SN-TEST: MG4 XPower

Fünftürige, fünfsitzige Kompakt-Limousine, zwei Permanent-Synchronmotoren, Systemleistung 320 kW/435 PS, Ein-Gang-Getriebe, Allrad, 64-kWh-Akku, max. Ladetempo 11 kW (AC) bzw. 140 kW (DC). Leergewicht 1803 kg, Kofferraum 363-1177 l, WLTP-Normverbrauch 18,7 kWh, im Test: 22,3 kWh. Preis Testfahrzeug 46.990 Euro.

Was am MG4 XPower gefällt: Die extravagante Optik, das fast schon unverschämte Preis-Leistungs-Verhältnis.

Was am MG4 XPower weniger gefällt: Wenn man länger sucht: Ambitionierte Sportfahrer werden den Sound vermissen.

Was beim MG4 XPower überrascht: Die Bandbreite des Stromverbrauchs: Zwischen 15 und 30 kWh auf 100 km ist praktisch alles möglich. Der Gasfuß entscheidet.

Der MG4 XPower ist perfekt für: Alle, die vergeblich auf einen kompakten Steilheck-Tesla warten oder einfach keine Scheu vor China-Importen haben.