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Vermeidung von Wildtierunfällen: Rehe kennen keine Rechtsregel

Mit den kürzeren Tagen im Winter fällt die Dämmerung morgens und abends oft mit dem Berufsverkehr zusammen. Zu diesen Zeiten zeigen Wildtiere besonders viel Aktivität. Welche Maßnahmen sollten Autofahrer ergreifen, wenn ein Wildtier unerwartet auf der Fahrbahn steht?

Erhöhtes Risiko für Wildwechsel besteht auf Landstraßen und in der Dämmerung.
Erhöhtes Risiko für Wildwechsel besteht auf Landstraßen und in der Dämmerung.

Für alle, die auf Landstraßen unterwegs sind, heißt es höchste Konzentration. Bei einem Unfall mit Wildtieren wirken zum Teil enorme Kräfte auf Fahrzeug und Fahrer: "Bei einem Zusammenstoß mit einer Geschwindigkeit um die 50 km/h mit einem 20 Kilogramm schweren Reh ist das rund eine halbe Tonne. Bei 100 km/h erhöht sich die Aufprallwucht auf zwei Tonnen", erklärt Fahrtechnikexperte Roland Frisch.

Der Pkw-Chefinstruktor der ÖAMTC-Fahrtechnik rät zu besonderer Umsicht: "Viele rechnen unbewusst damit, dass das Wild von der rechten Seite auf die Fahrbahn läuft, aber man sollte unbedingt beide Straßenseiten im Blick haben." Im vergangenen Jahr kam es österreichweit zu 276 Wildunfällen mit Personenschaden, bei denen insgesamt 302 Personen verletzt wurden (Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung: ÖAMTC-Unfallforschung). Eine Person starb bei einem Wildunfall in Niederösterreich, wo sich mit 77 auch die meisten Wildunfälle ereigneten. Dahinter liegen Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Tirol, Salzburg, Vorarlberg und Wien. In Salzburg kam es zu vier Kollisionen.

"Im Bereich von Wildwechsel-Warnschildern sollte man sehr aufmerksam, vorausschauend und bremsbereit fahren und den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug entsprechend vergrößern."
Roland Frisch
Fahrtechnikexperte ÖAMTC

Abstand halten, Ruhe bewahren

Läuft ein Reh auf die Fahrbahn, soll man kein riskantes Ausweichmanöver durchführen. Das Abkommen von der Fahrbahn oder das Fahren in den Gegenverkehr birgt für alle Beteiligten ein höheres Risiko als eine Kollision mit einem Wildtier. "Wenn der Bremsweg nicht mehr ausreicht, ist es meist besser, einen Zusammenstoß mit dem Tier in Kauf zu nehmen. In jedem Fall sollte man aber stark bremsen, das Lenkrad gut festhalten und die Spur halten", erklärt Frisch.

Erhöhtes Risiko für Wildwechsel besteht generell auf Landstraßen, insbesondere an Wald- und Feldübergängen, diese Gefahrenbereiche sind in der Regel auch ausgeschildert. "Im Bereich von Wildwechsel-Warnschildern sollte man sehr aufmerksam, vorausschauend und bremsbereit fahren und den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug entsprechend vergrößern", so Frisch.

"Unfälle mit Wildtieren sind nicht zu unterschätzen."

Entscheidend ist auch der Seitenblick. Sobald man ein Tier sieht, muss die Geschwindigkeit stark reduziert, das Fernlicht abgeblendet und gehupt werden. "Da Wildtiere meist in Gruppen flüchten, sollte man damit rechnen, dass auf ein Tier ein weiteres folgen kann."

Moderne Wildwarngeräte und Assistenzsysteme sind eine sinnvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für eine aufmerksame Fahrweise.

Konnte ein Wildunfall nicht verhindert werden, sollte man an einer sicheren Stelle anhalten, die Warnblinkanlage einschalten, die Warnweste anziehen und die Unfallstelle mit dem Pannendreieck absichern. Verletzte Personen sind zu versorgen und die Polizei (oder, falls bekannt, Jagdaufseher/-in) zu verständigen, auch wenn das (mitunter verletzte) Tier weiterläuft. Verletzte Tiere darf man nicht anfassen.

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