Zehn Jahre ist es inzwischen her, dass Michael Warter in einer Zeitung über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Lavendelanbau in Südfrankreich las - und eine Idee sich in seinem Kopf einnistete. Im Jahr darauf kaufte der Biobauer, der bis dahin klassische Viehwirtschaft im Nebenerwerb betrieben hatte, 150 Stecklinge und pflanzte sie auf dem Steilhang hinter seinem Hof am Rossbrand in Radstadt an. "Damals wurde ich als Spinner belächelt und auch heute noch können viele in der Gegend nichts mit dem Kräuteranbau anfangen", erzählt Warter. "Aber eine Viehwirtschaft zu betreiben, nur um mich aus Brüssel subventionieren zu lassen, ist nicht meines. Zuletzt hatten wir fünf Mutterkühe. Der Jahresumsatz? Das Kalb. Das sind 800 Euro. Da ist meine Krankenversicherung teurer. Das hat mich frustriert. Ich will, dass meine Arbeit von sich aus einen Wert hat."
Lavendelanbau bringt Erfolg und Herausforderungen
Michael Warter lebt mit seiner Frau Sabrina und dem 13-jährigen Sohn auf dem Furtlegg-Gut, einem Bauernhof, den er in achter Generation führt. Vom Lavendelanbau kann er inzwischen weitgehend leben. Die Bedingungen auf dem Hof sind ideal: sonnige Südlage, Reizklima, steiniger Boden und keine Staunässe. Der Bergbauernlavendel, der auf 1200 Metern Höhe gedeiht, unterscheidet sich von seinem mediterranen Verwandten vor allem in der Wuchshöhe. Um so hoch oben zu überleben, muss er sich anstrengen, wodurch er langsamer wächst. Die Qualität leidet darunter nicht - im Gegenteil: Da den Pflanzen nur eine kurze Zeit bleibt, um ihre Duft- und Wirkstoffe zu entwickeln, duften sie besonders intensiv. "Die Essenz, die wir aus der Sorte gewinnen, die im Steilhang wächst, ist noch wertvoller als die vom Acker. Aber die Arbeit doppelt so mühsam", erzählt der Lavendelpionier.
Aufwändige Pflege und Vermehrung des Biolavendels
Ungewöhnlich bald ist in diesem Jahr der Schnee geschmolzen - bereits Mitte März, einen Monat früher als sonst. Warter konnte daher zeitig damit beginnen, die Pflanzen wieder aufzurichten und den Boden dazwischen zu lockern. Demnächst steht der Frühjahrsschnitt an, bevor die Felder mit den restlichen Stecklingen vom vergangenen Jahr aufgefüllt werden. Dazwischen und danach heißt es: jäten. Warter legt großen Wert darauf, seine Lavendelstöcke selbst durch Stecklinge weiterzuvermehren. Das bedeutet zwar mehr Arbeit, doch so kann er am besten sicherstellen, dass die Pflanzen die gewünschte Bioqualität haben. Er meint: "20.000 Pflanzen kaufen, einsetzen und Juhu schreien ist mir zu wenig." Inzwischen sind die Bestände auf seinen Feldern auf 3000 Pflanzen angewachsen. Neben Sorten wie Lavandula intermedia, Lavandula latifolia und weißem Lavendel dominiert der winterharte Lavandula angustifolia.
Ab Juni beginnen die ersten Pflänzchen zu blühen. "Der ganze Zauber dauert dann nur etwa vier Wochen", sagt Warter. Zum Ernten bleibt ein relativ kleines Zeitfenster: zwischen Juli und August, noch bevor sich die Blüten komplett geöffnet haben. "Ideal ist die Ernte zwischen 11 und 14 Uhr, wenn die Sonne am höchsten steht. Dann produziert die Pflanze die meisten wertvollen ätherischen Öle", erklärt der Biobauer. Bei der Ernte packt die ganze Familie mit an - statt mit der Sichel wird inzwischen aber mit moderner Technik gearbeitet: "Wir haben aufgerüstet und nutzen nun eine Heckenschere mit Sammelsack und ein Luftgebläse."
Lavendelöl wird am Hof der Warters veredelt
Das Endprodukt von den Feldern des Furtlegg-Guts ist ein wertvolles: 150 Kilo Blüten braucht es für einen Liter Öl. Sabrina Warter erhitzt dafür Wasser in einer kleinen Wasserdampfdestille direkt am Hof, das durch die Blüten geleitet wird, um die ätherischen Öle zu lösen und vom Hydrolat zu trennen. Verkauft wird das Öl aus dem Bergbauernlavendel derzeit nur auf Anfrage, denn es wird am Hof weiter veredelt: zu Lavendelsalz, zu Alpakaseife, die aus dem Vlies der hofeigenen Alpakas entsteht.
Lavendelhydrolat lindert Hautprobleme
Das Hydrolat, das bei der Destillation entsteht, ist keineswegs ein Abfallprodukt: "Es enthält viele wertvolle Inhaltsstoffe, die nicht so flüchtig sind", erklärt Warter. "Das Hydrolat ist sehr beruhigend für die Haut und hilft bei Akne, Sonnenbrand oder gegen Narben." Vertrieben werden die Produkte im Onlineshop und über ausgewählte Partner wie "Salzburg schmeckt", den Bauernladen St. Martin/Tg. oder den Bioladen St. Johann.
Feldführungen auf dem Frutlegg-Gut
Jeden Freitag im Juli und August können Interessierte das Lavendelreich auf dem Rossbrand in Radstadt erkunden. Bei der Lavendelführung gibt Biobauer Michael Warter wertvolles Wissen über die Pflanzen mit auf den Weg und zeigt auch, wie man den Lavendel vermehrt.
Wer mag, darf dabei gerne mit anpacken: Mit dem richtigen Werkzeug ausgestattet, werden zuerst die Stecklinge zurechtgeschnitten und danach mit Moos umwickelt, das zuvor in Wasser geweicht wurde. Dann kommt Erde in einen kleinen Topf und wird gut angepresst. Anschließend bohrt man mit dem Pikierstab ein Loch in die Erde und setzt den Lavendelsteckling dort hinein.
Die Führungen finden jeden Freitag von Anfang Juli bis Ende August, 10.30 bis 12.30 Uhr, statt. Buchbar sind sie über den Tourismusverband Altenmarkt/ Zauchensee (Tel. 06452 / 5511).
Ab drei Personen bietet Familie Warter auch private Feldführungen inkl. Verkostung an. Terminvereinbarung unter Tel. 0664 / 2265715.