Dass Kinder von Eltern mit höherem (formalen) Bildungsabschluss meist ebenfalls einen höheren Bildungsstatus vorweisen können als die Sprösslinge aus bildungsfernen Haushalten, ist weitestgehend bekannt und durch diverse Studien belegt.
Neu ist nun allerdings die Erkenntnis, dass sich Frauen mit niedriger sozioökonomischer Herkunft grundlegend für weniger talentiert halten als jene aus anderen Herkunftsgruppen. Sogar dann, wenn sie die gleichen Leistungen erbringen. Zudem werden Personen aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status generell als weniger leistungsfähig gesehen. So lauten die Ergebnisse einer neuen Studie der Universität Wien.
Frauen trauen sich durch sozialisiert verzerrtes Selbstbild weniger zu
Dieses verzerrte Selbstbild von Frauen trägt in weiterer Folge unter anderem dazu bei, dass das weibliche Geschlecht in Domänen wie den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ebenfalls benachteiligt wird. In diesen Bereichen wird Talent als wichtiger Erfolgsfaktor gesehen.
"Während ein Mann mit sehr guten Noten eher als Genie beurteilt wird, werden Frauen mit gleichen Leistungen zum Beispiel eher als fleißig gesehen", erläutert Christina Bauer. Die Sozialpsychologin hat gemeinsam mit Veronika Job unter die Lupe genommen, wie sich diese gesellschaftliche Wahrnehmung auf das Selbstbild der Menschen und ihre Lebenswege auswirkt. "
Das gesellschaftliche Außenbild und gesellschaftliche Hierarchien beeinflussen auch ganz stark das Selbstbild", sagt Bauer. Es handelt sich dabei quasi um eine sozialisierte Verzerrung der Selbstwahrnehmung, die mit Konsequenzen einhergeht: "Frauen trauen sich weniger zu, wodurch ihre Erfolgschancen sinken und einige Branchen und gesellschaftliche Bereiche sehr einseitig männerdominiert und wenig divers sind."
So fühlen sich Frauen mit niedrigem sozioökonomischen Status gerade in Bereichen, in denen Talent erwartet wird, weniger wohl, trauen sich weniger zu und bringen sich dadurch auch weniger ein. Das betrifft, wie erwähnt, die MINT-Sparte, aber beispielsweise auch Jobs in der Unternehmensberatung oder Freizeitbeschäftigungen wie Schach. Bauer: "Diese Sichtweise hat weitreichende Konsequenzen für die Erfolgschancen der Betroffenen."
Ausbildung, Kinderwunsch, Vereinbarkeit
Blickt man auf die generelle Stimmung in Österreich, zeigen sich diverse Herausforderungen. Krisen, Teuerung und mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen dabei ganz oben auf der Liste. Das wirkt sich dementsprechend auf die Familienplanung der Österreicherinnen und Österreicher aus - der Kinderwunsch geht stark zurück.
Gebar eine Frau 2009 im Schnitt noch 2,1 Kinder, sind es 2023 nur mehr 1,68 Kinder. Zu diesem Befund kommt der aktuelle Generations and Gender Survey, durchgeführt unter anderem vom Österreichischen Institut für Familienforschung an der Universität Wien (ÖIF) in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Salzburg. Befragt wurden dabei über 8000 Personen zwischen 18 und 59 Jahren. Die Zahl jener Frauen, die sich überhaupt kein Kind wünschen, hat sich in besagtem Zeitraum mehr als verdreifacht. Die Anzahl jener mit höherem Kinderwunsch ist noch deutlicher gesunken. "Laut vorläufigen Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die in den 1990er-Jahren Geborenen bei 24 Prozent liegen", sagt Tomáš Sobotka, Österreichische Akademie der Wissenschaften.