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Rastlos im Ruhestand: Arbeitskräftemangel durch Pensionisten beheben

Fachkräftemangel in Tourismus und Handel: Unternehmen setzen auf ungenutzte Ressourcen und holen arbeitswillige Pensionisten zurück ins Berufsleben.

Der 65-jährige Pensionist Manfred Steinberger (r.) ist geringfügig im Hotel Schütterhof in Rohrmoos beschäftigt. Im Bild mit seinem Chef Roland Gyger.
Der 65-jährige Pensionist Manfred Steinberger (r.) ist geringfügig im Hotel Schütterhof in Rohrmoos beschäftigt. Im Bild mit seinem Chef Roland Gyger.

Wenn Elfriede Faustner nicht wandert, Rad fährt oder liest, ist sie zwei halbe Tage pro Woche in der Spar-Filiale in Rauris anzutreffen - und das, obwohl sie vor gut einem Jahr ihre wohlverdiente Pension als stellvertretende Filialleiterin angetreten hat.

"Schön ist es, wenn Kolleginnen mir rückmelden, dass meine Erfahrung weiterhilft."
Elfriede Faustner
arbeitet in der Pension Teilzeit bei Spar

Seit Februar 2024 ist die Pinzgauerin nun wieder geringfügig angestellt. "Ich fühle mich dem Team sehr verbunden und fit genug, um auszuhelfen", erklärt die 61-Jährige. "Schön ist es, wenn Kolleginnen und Kollegen mir rückmelden, dass meine Erfahrung weiterhilft. Außerdem macht es mir Freude, die Stammkundschaft regelmäßig zu sehen", bringt sie die Vorteile ihres Pension-Jobmodells auf den Punkt.

Österreichs Senioren fordern Arbeitsoptionen

In Österreich standen laut Agenda Austria zuletzt lediglich 11,1 Prozent der 65-jährigen Männer im Erwerbsleben, bei den Frauen waren es gerade 6,7 Prozent. Dabei fühlen sich viele Menschen in dieser Altersgruppe fit und würden gerne länger arbeiten. Anderswo tragen die Gesetzgeber dem längst Rechnung: wie in der Schweiz oder in Schweden, wo es eine Korridorpension zwischen 61 und 69 gibt und man verschiedene Optionen aus Teilpension und Teilzeitarbeit hat.

Spar rekrutiert pensionierte Arbeitskräfte

Auf diese hierzulande bislang weitgehend ungenutzte Ressource der arbeitswilligen Pensionistinnen und Pensionisten setzt nun die Handelskette Spar, um dem Personalmangel beizukommen, der die Branche vor große Herausforderungen stellt. "Wir suchen laufend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für unsere Supermärkte", erklärt Patricia Sepetavc, Geschäftsführerin für Spar Salzburg und Tirol. Zusätzlich zu den bewährten Jobprofilen seien neue Modelle gefragt, wie eben die stundenweise Beschäftigung von pensionierten Fachkräften. "Wir sehen es als besondere Anerkennung, wenn sich erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entscheiden, trotz Pensionsantritts weiterzuarbeiten - nicht zuletzt deshalb, weil jüngere Kolleginnen und Kollegen davon profitieren", sagt Sepetavc.

Auch die Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS) fordert ein "massives Umdenken" im Umgang mit Älteren. "Sie sind keine Belastung, vielmehr sind ihre Erfahrungen und ihr Wissen ein Schatz, von dem Unternehmen profitieren", sagt ÖVS-Vorstandsmitglied und Führungskräftecoachin Nicole Ruckser. Die Kunst sei, die Generationen innerbetrieblich miteinander zu verknüpfen.

"Senior Talents": Tourismusregion startet Senioren-Programm

Diesen Weg geht seit Kurzem auch die Tourismusregion Schladming-Dachstein mit ihrem Programm "Senior Talents". "Die Personalsuche sowie die langfristige Bindung von Fachkräften zählen derzeit zu den größten Herausforderungen in unserer Branche", sagt Mathias Schattleitner, Geschäftsführer im Tourismusverband Schladming-Dachstein. "Vor diesem Hintergrund haben wir neben vielen anderen Initiativen auch das neue Projekt ,Senior Talents' ins Leben gerufen. Dabei bringen wir Tourismusbetriebe, die auf der Suche nach erfahrenen und kompetenten Mitarbeitern sind, mit älteren Menschen aus der Region zusammen, die auch in der Pension noch am Arbeitsleben teilnehmen und ihre Fähigkeiten sinnvoll in die Betriebe einbringen wollen. So schaffen wir eine Win-win-Situation für alle."

Einer der Senioren aus der Region, die sich im Alter nicht ausschließlich dem
"Ruhestand" widmen wollten, ist Manfred Steinberger. Der 65-jährige Pensionist ist geringfügig im Hotel Schütterhof in Rohrmoos beschäftigt. "Ich arbeite immer dort, wo ich gerade gebraucht werde. Mal bin ich Wanderführer, mal mache ich Saunaaufgüsse. Heute kümmere ich mich um die Schwimmbad- und Gästebetreuung, morgen gebe ich die Leih-E-Bikes aus", erklärt der Schladminger. "Man ist beschäftigt und immer
unter Menschen. Das hält fit - körperlich und geistig."

Programm "Senior Talents" wird kontinuierlich weiterentwickelt

Das Programm "Senior Talents" werde laufend weiterentwickelt, heißt es vonseiten des Tourismusverbands. So nahm eine eigens eingesetzte Steuerungsgruppe eine Analyse der Ist-Situation vor, danach fanden Workshops und ein erster Informationsabend unter dem Titel "Aktiv im Ruhestand" statt, an dem sich interessierte Seniorinnen und Senioren über aktuelle Grundlagen und rechtliche Fragen, wie Steuern und Sozialabgaben, informieren konnten. Der Tourismusverband hat darüber hinaus ein Jobportal online gestellt, das Informationen über Tourismusbetriebe in der Region bietet, die ältere Arbeitnehmer einstellen möchten.