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Wird Bodenaushub zur wertvollen Ressource?

Knapp 60 Prozent des gesamten österreichischen Abfalls werden durch Bodenaushub verursacht. Der Großteil davon wird deponiert. Eine neue Verordnung will das ändern.

Bodenaushub gilt in Österreich derzeit als Abfall.
Bodenaushub gilt in Österreich derzeit als Abfall.

In Österreich fallen jährlich mehr als 40 Mill. Tonnen Bodenaushub an, zum Beispiel beim Hochbau und Tunnelbau, dem Bau von Netzwerken wie der Wasserversorgung oder sonstigen Infrastrukturprojekten. Gemäß der geltenden Gesetzgebung wird Bodenaushub derzeit als Abfall betrachtet. Die weitere Behandlung unterliegt somit dem strengen Abfallrecht und führt dazu, dass rund 27 Mill. Tonnen davon deponiert werden müssen. "In Zeiten von Ressourcenknappheit wird die Kritik an dieser Praxis immer größer, vielmehr sollte qualitativ hochwertiger Bodenaushub als Wertstoff eingestuft werden, um ihn ohne viel administrativen Aufwand für Auffüllarbeiten weiterzuverwenden und zu neuen Baustoffen zu verarbeiten", heißt es beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB). Das sei im Nachbarland Deutschland schon seit Jahren Usus.

Qualitativ hochwertigen Bodenaushub als Wertstoff nutzen

Alois Fürnkranz, VOEB-Experte für Baurecycling, ist überzeugt, dass Bodenaushub in Zukunft zum begehrten Wertstoff wird: "90 Prozent des klassischen Bodenaushubs eignen sich problemlos für den Einsatz bei Erdbauarbeiten sowie zur Herstellung von Recyclingbaustoffen, Beton oder Asphalt." Aktuell werden nur 7,6 Mill. Tonnen stofflich verwertet. Fürnkranz: "Die Bodenaushubdeponien sind für die Bauwirtschaft von enormer Bedeutung, weil nach der aktuellen Rechtslage Bodenaushub nicht anders genutzt werden kann. Im Klartext heißt das: Ohne Deponien keine Bauprojekte."

Effizient und nachhaltig: Ressource Bodenaushub direkt vor Ort recyclen

Am effizientesten wäre es, wenn der Bodenaushub direkt vor Ort wieder recycelt und verwendet wird, etwa für Anschüttungen oder Verdichtungen von Straßen. "So fallen auch Transportwege zu den Deponien weg, was zu enormen CO₂-Einsparungen führt." Eine Berechnung des VOEB ergibt, dass bei 27 Mill. Tonnen Bodenaushub, die rund 30 Kilometer bis zur nächsten Deponie transportiert werden müssen, jährlich zwischen 30.000 und 50.000 Tonnen CO₂-Äquivalente verursacht werden. Wird Bodenaushub nicht mehr als Abfall betrachtet, könnten diese Transportwege wegfallen und somit Treibhausgase eingespart werden.

Passend dazu lauten die Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie der EU, dass Abfall im Optimalfall stets verwertet, natürliche Rohstoffquellen erhalten und eine Recyclingwirtschaft gefördert werden soll. Konkret sehe daher auch die österreichische Kreislaufstrategie vor, dass bis 2030 insgesamt 25 Prozent weniger Primärrohstoffe zum Einsatz kommen.

Für die Bauwirtschaft, die 100 Mill. Tonnen Baurohstoffe im Jahr benötigt, bedeutet das 25 Mill. Tonnen weniger Einsatz von Primärbaustoffen.

"Stattdessen könnten wir die Ressource Bodenaushub nutzen", sagt Fürnkranz. "Experten gehen davon aus, dass, wenn nur ein Drittel des Bodenaushubs zusätzlich stofflich verwertet wird, bereits zehn Prozent der Primärbaustoffe ersetzt werden können. Es gäbe nur Gewinner, keine Verlierer", ist der Experte überzeugt.