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Nach Amoklauf in Graz: Motiv weiter unklar, School Shootings auf Social Media verherrlicht

Nach dem Amoklauf mit zehn Todesopfern am Borg Dreierschützengasse in Graz dauern die Ermittlungen weiter an. Die Ermittlungsgruppe Luctus prüft aktuell die Social-Media-Accounts des mutmaßlichen Täters. Zum Motiv gibt es weiter keine Ansatzpunkte.

Minister Gerhard Karner (ÖVP) und die Ermittler informierten eine Woche nach dem Amoklauf an einer Grazer Schule am Dienstag über den Ermittlungsstand.
Minister Gerhard Karner (ÖVP) und die Ermittler informierten eine Woche nach dem Amoklauf an einer Grazer Schule am Dienstag über den Ermittlungsstand.

Es ist eine Woche her, dass ein 21-Jähriger an einer Grazer Schule erst zehn Menschen und dann sich selbst erschoss. Innenminister Gerhard Karner, Landespolizeidirektor Gerald Ortner, der Leiter der Ermittlungsgruppe Michael Lohnegger sowie der Leiter des EKO Cobra Süd, Kurt Kornberger, informierten am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz über den aktuellen Ermittlungsstand.

"Wir mussten Sie vor einer Woche über diese Wahnsinnstat informieren", leitete Minister Karner ein. Und bedankte sich noch einmal bei allen Einsatzkräften.

Was ist seither passiert?

Karner kündigt Änderungen beim Zugang zu Waffen an

Am 12. Juni wurde die Soko Luctus, zu Deutsch "Trauer", eingerichtet. Mehr als 50 Zeugen seien bereits einvernommen worden, um die Tat zu rekonstruieren, betonte Karner. Ebenfalls habe der Nationale Sicherheitsrat getagt. Die Informationen, die bislang an die Öffentlichkeit übergeben wurden, seien zu hundert Prozent verifiziert. Ermittlungen dürften nicht spekulativ sein, betonte Karner: "Ermittlungen sind kein Liveticker." Man müsse Geduld haben, damit lückenlos ermittelt werden könne.

Politisch soll ein erster Ministerratsvortrag am Mittwoch im Ministerrat vorgelegt werden. "Die Richtung ist aber klar", so Karner. "Es wird Änderungen bei psychologischen Testungen geben müssen. Änderungen bei Altersgrenzen, Änderungen bei den Zugangsvoraussetzungen. Auch am Datenaustausch wird man arbeiten. Und es wird auch Maßnahmen an den Schulen geben müssen."

Nach Amoklauf in Graz: Zahlreiche Trittbrettfahrer

Viel Arbeit macht der Polizei aktuell auch die Situation an den Schulen. "In dieser einen Woche mussten wir in Graz zu über 30 Einsätzen an Grazer Schulen ausrücken", betonte Landespolizeidirektor Gerald Ortner. Grund seien Trittbrettfahrer. Erst am Dienstag sei es in Guntramsdorf in Niederösterreich zu einer Amokdrohung per Mail gekommen. Ein 19-jähriger Österreicher sei festgenommen worden und sitze in U-Haft. "Das ist kein Kavaliersdelikt", wie Minister Karner betonte. Ein weiteres Phänomen sei die zunehmende Verherrlichung "dieser Schreckenstat von Graz" in den sozialen Medien. Das sei nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich von Belang.

Michael Lohnegger, Leiter der Ermittlungsgruppe, informierte dann über den Zustand der Verletzten nach dem Amoklauf. Sieben Personen würden sich noch auf der Normalstation im Spital befinden, zwei konnten dieses schon verlassen.

Neue Erkenntnisse gibt es auch zu den Kopfhörern, die der Täter beim Amoklauf getragen hat: Sie hatten keine Sprech- oder Bluetooth-Funktion. Ob die Kopfhörer am Handy angeschlossen gewesen seien, könne man nicht sagen. Auch bei zwei Ohrstöpseln, die neben dem Täter gefunden werden konnten und die normalerweise beim Schießtraining verwendet werden, könne man nicht sicher sein, ob sie getragen wurden.

Der mutmaßliche Täter habe fünf Magazine für die Pistole der Marke Glock bei sich getragen, mit je fünfzehn Patronen. Nach seinem Suizid hatte er noch 24 Patronen in zwei Magazinen übrig. Darüber hinaus trug er noch achtzehn lose Patronen für die Pistole und 17 für die Bockflinte bei sich.

Mutmaßlicher Täter hat Foto selbst gepostet

Ebenfalls bestätigen konnte die Polizei inzwischen, dass der mutmaßliche Täter das Foto, das wenige Minuten vor der Tat auf der sozialen Plattform X veröffentlicht wurde, selbst gepostet hat. Man habe circa 30 Accounts entdeckt, die dem Täter zuzurechnen seien, so Lohnegger. Es sei aber noch zu ermitteln, welche davon wirklich vom mutmaßlichen Täter selbst angelegt und betrieben wurden. Die Accounts wurden zwischen 2019 und 2025 erstellt. Entgegen vieler Spekulationen seien diese Accounts der Polizei sehr wohl bekannt gewesen, betonte Lohnegger. Sobald diese Accounts in die Öffentlichkeit gelangen würden, seien sie ermittlungstechnisch allerdings wertlos. Deshalb seien die Accounts auch gelöscht worden. Es sei erschreckend, welche Gutheißung hier online stattgefunden habe, betonte der Ermittler: "Die Anzahl ist, und das erlaube ich mir nach 30 Jahren im Polizeidienst, einfach nur erschreckend."

School Shootings wurden verherrlicht

Zum Motiv des Täters und den Spekulationen um einen möglichen Mobbinghintergrund: "Wir von der Polizei haben diesbezüglich weiter keine Kenntnisse", so Lohnegger. Man habe aber feststellen können, dass der mutmaßliche Täter über die vergangenen Jahre hinweg eine Leidenschaft für School Shootings entwickelt habe.

Die Plattform des BMI, auf der man Videos des Amoklaufes hochladen konnte, wird ab Donnerstag eingestellt werden. Der Leiter der Cobra Süd, Kurt Kornberger, betonte noch einmal, dass durch das schnelle Eingreifen der Einsatzkräfte Menschenleben gerettet werden konnten.