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Staatspreis für Tierversuch-Alternativen an Team um Biologen Knoblich

IMBA-Forscherinnen und -Forscher entwickelten Gehirn-Organoide zur Untersuchung von Störungen in der Verbindung der Gehirnhälften.

Jürgen Knoblich (rechts), Nina Corsini (2. von rechts) und Catarina Martins-Costa (2. von links) erhielten die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung. Links im Bild ist Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ).
Jürgen Knoblich (rechts), Nina Corsini (2. von rechts) und Catarina Martins-Costa (2. von links) erhielten die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung. Links im Bild ist Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ).

Der Staatspreis zur Förderung von Ersatzmethoden zum Tierversuch 2024 geht an ein Team um den Biologen Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA). Wie das Wissenschaftsministerium am Montag mitteilte, erhalten Knoblich, Nina Corsini und Catarina Martins-Costa die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung für eine Publikation zu mutierten "Gehirn-Organoiden", an denen man Störungen in der Verbindung der Gehirnhälften untersuchen kann.

"Dieser Preis ist ein starkes Signal für die Bedeutung wissenschaftlicher Exzellenz und die Verantwortung der Forschung, den gesellschaftlichen Fortschritt aktiv mitzugestalten", erklärte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) in einer Aussendung. Die Forschung beruht laut dem in Wien ansässigen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auf klinischen Daten und In-vitro-Modellen und wurde ohne Versuchstiere durchgeführt.

Tausende Tierversuche umsonst

"Unsere Methode erlaubt es uns, Gehirngewebe im Labor zu züchten und damit Krankheiten in nie dagewesener Präzision zu erforschen", so Knoblich. Da bei Gehirnerkrankungen Medikamente oft spät in der Entwicklung scheitern, würden Tausende von Tierversuchen umsonst durchgeführt. Durch die Technik der Gehirnorganoide trage man dazu bei, diese Zahl zu reduzieren.

Für die ausgezeichnete Arbeit, die im Fachjournal "Cell Stem Cell" veröffentlicht wurde, erzeugte das Forscherteam um die Erstautorin Martins-Costa Stammzellen aus Blutzellen von zwei Patienten bei denen die beiden Gehirnhälften wegen einer Erbgutveränderung (im ARID1B-Gen) nicht durch einen Nervenstrang, den "Corpus callosum", verbunden sind. Daraus ließ man dreidimensionale Hirnorganoide wachsen. Je zwei Organoide wurden in eine Form platziert, in der sie durch einen Mikrokanal verbunden waren.

Gesunde Organoiden verknüpften sich durch viele Nervenfortsätze, auch Axone genannt, miteinander, bei jenen mit ARID1B-Genveränderungen (Mutationen) war die Anzahl stark reduziert. Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass in Nervenzellen mit solch einer Mutation Gruppen von Genen weniger stark aktiv sind, die die Reifung von Nervenzellen (Neuronen) und die Bildung von Axonen vorantreiben. Das erkläre, warum mutierte Neuronen nicht in der Lage sind, weitreichende Axone, etwa für das Corpus callosum, zu bilden, erläuterte Martins-Costa. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten bereits mit Partnern daran, an den Gehirnorganoiden eine Gentherapie für betroffene Patienten zu testen.