SN.AT / Politik / Innenpolitik

Alarmierende Entwicklung: Immer mehr Junge sind weder in Beschäftigung noch in Ausbildung

Jüngste Bildungsdaten zeigen: Jeder achte 18- bis 24-Jährige ist weder in Ausbildung noch in Beschäftigung. Tendenz steigend. Der aktuelle OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick" beinhaltet aber auch Lob. Und: Laut Bildungsminister soll der geplante Chancenbonus für Schulen mit besonders großen Herausforderungen auf 400 ausgewählte Standorte verteilt werden.

Die jüngste Bildungsdaten machen der Politik Sorgen.
Die jüngste Bildungsdaten machen der Politik Sorgen.
Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos).
Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos).

Der jährliche OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick" liefert aktuelle Daten zum Stand der Bildung - von der frühkindlichen Bildung bis zur Ausbildung an den Universitäten - im internationalen Vergleich und zeigt damit auf, wo Österreich gut oder abgeschlagen liegt, wo es aufholt oder verliert. "Die aktuellen Daten sind ein klarer politischer Handlungsauftrag. Denn sie zeigen, dass Chancengerechtigkeit aktuell nicht sichergestellt ist", sagte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) anlässlich der Präsentation des aktuellen Berichts. "Problematisch" sei etwa, dass die Anzahl der Jungen (zwischen 18 und 24 Jahren) ohne Ausbildung und ohne Beschäftigung zuletzt merklich gestiegen sei. Lag ihr Anteil 2023 bei 10,5 Prozent, stieg er 2024 auf 12 Prozent und liegt laut aktuellen Ministeriumszahlen unterdessen bei 12,6 Prozent.

Auch wenn das immer noch unter dem OECD- und knapp unter dem EU-Schnitt (14,1 bzw. 12,9 Prozent) liegt, läuten die Alarmglocken. Dieser Anteil müsse wieder sinken, sagt Wiederkehr. Er verwies unter anderem auf den geplanten Chancenbonus, durch den Schulen mit besonders großen Herausforderungen - weil etwa besonders viele Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen oder aus Familien mit einem schwachen sozioökonomischen Hintergrund die Schule besuchen - besonders gefördert werden sollen. Laut Regierungsprogramm stehen dafür ab dem Schuljahr 2026/27 65,6 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. In Summe soll das Geld konkret an 400 ausgewählte Standorte fließen, wie der Minister Montagabend vor Journalisten mitteilte.

Pro Schüler fließt so viel Geld wie kaum woanders ins Bildungssystem

Dabei spielt Österreich, was die Ausgaben pro Schülerin und pro Schüler angeht, im absoluten Spitzenfeld. Nur vier der insgesamt 38 Vergleichsländer (darunter 25 EU-Staaten) geben mehr Geld pro Kopf aus: Luxemburg, Südkorea, die Schweiz und Norwegen. Was den "Output", also die Effizienz des Bildungssystems, angeht, kommt Österreich aber nur im Mittelfeld zu liegen. Das zeige: "Geld ist notwendig, aber nicht ausreichend", sagte Andreas Schleicher, OECD-Direktor für Bildung und Kompetenzen. Österreich gebe etwa zehn Mal so viel Geld aus wie Länder mit ähnlichen Ergebnissen bei internationalen Bildungsstudien. Oder doppelt so viel wie Lettland, das auch keine anderen Ergebnisse als Österreich erziele. Um hier besser zu werden, empfiehlt Schleicher einen Blick in Länder, die effizienter seien als Österreich. In Estland oder Finnland etwa sei die Bezahlung zwar nicht so gut wie in Österreich, aber es gebe auf eine Stelle zehn Bewerber. Es gehe also auch um die Unterstützung der Lehrer, um gute Vernetzung, um Anerkennung.

Trotz Lehrermangels hohe Personalausstattung im internationalen Vergleich

Die hohen Pro-Kopf-Ausgaben liegen laut Schleicher unter anderem an der vergleichsweise sehr guten Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer in Österreich, den kleinen Klassenschülerzahlen und der damit einhergehenden guten Personalausstattung. "Obwohl Lehrkräfte in Österreich fehlen, sind mehr Lehrer da als in den meisten Ländern", merkte Schleicher positiv an. Auch die OECD sieht übrigens nach wie vor große Herausforderungen für die Schule im Bereich der Chancengerechtigkeit. Es gelte, die besten Lehrer für die herausforderndsten Schulen zu gewinnen, so der Experte.

Lob für den Ausbau der frühkindlichen Bildung in Österreich

Positives gibt es aus dem Bereich der frühkindlichen Bildung zu berichten: Da hat Österreich in den vergangenen Jahren stark aufgeschlossen. "Österreich hat da viel geleistet und zählt heute mit zu den führenden Nationen", sagt der OECD-Experte. Die Beteiligungsquote der Vier- und Fünfjährigen an Angeboten der frühkindlichen Bildung ist mit 94,4 bzw. 97,7 Prozent überdurchschnittlich hoch (OECD: 85,9 bzw. 90,2 Prozent, EU: 91,3 bzw. 92,4 Prozent). Der Anteil der Dreijährigen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen liegt mit 81 Prozent - Tendenz steigend - ebenfalls über dem OECD-Schnitt von 79,4 Prozent, aber noch unter dem EU-Schnitt (87,4). "Aber es sind die letzten zehn Prozent, die die Unterstützung besonders brauchen würden", sagte Schleicher. Wiederkehr verwies in dem Zusammenhang auf das geplante zweite verpflichtende Kindergartenjahr. Hohe Ausgaben in diesem Bereich - darauf verwies auch Schleicher und das belegen zahlreiche Studien - machen sich besonders bezahlt, weil sie die Basis für eine gute Schulbildung, eine Berufsbildung und damit dafür sind, eine Arbeit zu finden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Bildung wird vererbt - Nicht-Bildung auch

Nicht viel geändert hat sich an anderen Eckdaten. Etwa daran, dass Bildung nach wie vor eng mit der sozialen Herkunft verbunden ist. Das zeigt sich unter anderem im Hochschulbereich. Nur 16 Prozent, deren Eltern nicht studiert haben, schließen eine tertiäre Ausbildung ab. Während 63 Prozent der 25- bis 34-Jährigen, bei denen zumindest ein Elternteil studiert hat, ebenfalls diesen Weg einschlagen. Anders gesagt: Es ist fast vier Mal so wahrscheinlich, einen Tertiärabschluss zu machen, wenn auch ein Elternteil diesen Weg gegangen ist. "Hier gibt es nach wie vor Verbesserungsbedarf", so Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ). Erfreulich sei hingegen, dass Österreich ein attraktiver Bildungsstandort sei. Laut Statistik steigt Österreichs Beliebtheit bei ausländischen Studierenden.