Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) hatte es im "Sommergespräch" am Montagabend bereits angedeutet: Es könnte in Sachen Teuerung noch schlimmer kommen. Schon tags darauf war es so weit: Die Statistik Austria gab ihre Schnellschätzung für die Inflation im August bekannt - 4,1 Prozent. Damit zieht die Teuerung in Österreich weiter an, im Juli war sie bei 3,6 Prozent gelegen. Tendenz deutlich steigend.
Höchster Wert seit März 2024
"Das ist der höchste Wert seit März 2024. Fast alle Ausgabengruppen trugen zu diesem Anstieg bei", erklärte die fachstatistische Generaldirektorin der Statistik Austria, Manuela Lenk. Zum einen hätten die Treibstoffpreise deutlich weniger preisdämpfend gewirkt als zuletzt, zum anderen seien die Strompreise weiter gestiegen. Den größten Einfluss auf die Teuerung hatten im August abermals die Dienstleistungen, die um 4,7 Prozent zulegten. Dahinter folgten Nahrungsmittel, Tabak und Alkohol, deren Preise um fünf Prozent stiegen. Österreich liegt damit bei der Teuerung weiterhin deutlich über dem Schnitt der Euroländer, die zuletzt den Zielwert der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent wieder erreichten. Die Inflation auch in Österreich wieder auf zwei Prozent zu senken, hat Kanzler Stocker für nächstes Jahr als Ziel ausgegeben. Daran werde er sich auch messen lassen, sagte Stocker am Montagabend. Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass die Teuerung nächstes Jahr wieder Richtung zwei Prozent sinken wird. Dass Stocker seine Zielvorgabe erreicht, ist angesichts der neuen Zahlen aber alles andere als sicher.
Strom als Preistreiber, aber auch Dienstleistungen und Lebensmittel
Die Ursachen sind vielfältig und konstant: Das Auslaufen der Strompreisbremse, mit der die Strompreise für Haushalte fast zwei Jahre lang niedersubventioniert wurden, führt nun wieder zu deutlich steigenden Preisen. Im Juli lag das Plus im Jahresvergleich bei mehr als 30 Prozent. Auch die Preise in der Gastronomie und bei den Lebensmitteln ziehen weiter an. Die Regierung will am Dienstag über Maßnahmen beraten, am Nachmittag findet eine Pressekonferenz dazu statt.
Rasche Senkung der Strompreise nicht in Sicht
Im Vorfeld ist schon einiges bekannt geworden. So hat Kanzler Stocker angekündigt, beim Strompreis bei den deutlich gestiegenen Netzgebühren ansetzen zu wollen. Rasch wirkende Steuersenkungen sind angesichts der Budgetnöte des Bundes nicht zu realisieren. Stocker will aber strukturelle Reformen, indem der Netzausbau gebündelt werden soll. Derzeit haben die meisten Landesversorger noch eigene Netzgesellschaften. Dabei ist der Kanzler aber vom Wohlwollen der Landeshauptleute abhängig, da die meisten Landesversorger mehrheitlich den Ländern gehören. Immerhin wäre das erstmals ein Versuch, die regionalen Strukturen zu bereinigen und mehr Effizienz beim Netzausbau zu schaffen.
Bei Lebensmittelpreisen von EU abhängig
Auch bei den Lebensmittelpreisen ist keine rasche Abhilfe in Sicht. Die Regierung konzentriert sich derzeit vor allem darauf, den sogenannten Österreich-Preisaufschlag gegenüber großen Ländern zu bekämpfen. Das kann aber nur auf EU-Ebene geregelt werden. Nötig wäre ein Verbot territorialer Lieferbeschränkungen, die internationale Lebensmittelmultis verhängen und damit kleine Länder in der EU benachteiligen, weil diesen verboten wird, ihre Waren von günstigeren Großhändlern aus anderen Ländern zu beschaffen. Ein solches Verbot wird in der EU diskutiert, ein entsprechender Antrag wurde zuletzt aber wieder entschärft. Die österreichische Regierung will für das Verbot kämpfen. Stocker kündigte an, notfalls auch nationale Maßnahmen zu ergreifen. Vor allem der Preisabstand zu Deutschland bei Grundnahrungsmitteln sorgt immer wieder für Aufregung - er liegt im Schnitt bei 15 bis 20 Prozent. Auch bei den Lebensmittelpreisen gäbe es eine rasche Abhilfe, nämlich die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken. Das ist für den Staat aber sehr teuer und angesichts der schwierigen Budgetlage kaum finanzierbar.