Herr Veit, Sie sind alter und neuer ÖHV-Präsident, Sie stellten sich als Einziger der Wahl. Ist der Job als Hotelierssprecher so unbeliebt? Walter Veit: Ich hoffe, dass meine 1700 Mitglieder auch zufrieden sind mit mir (lacht). Aber ja, es ist ein herausfordernder Job, es hat unter meinen Vorgängern schon ruhigere Zeiten gegeben. Vor vielen, vielen Jahren gab es keinen ÖHV- Kongress, sondern die sogenannten Arlbergtage, da hat man sich zum Skifahren getroffen und mit der Politik in gemütlicher Runde vor dem Kamin die Meinung ausgetauscht. Aber diese Zeiten sind lange vorbei.
Sie haben sich vor den Wahlen für Sepp Schellhorn von den Neos ausgesprochen und gehofft, dass er in einer künftigen Bundesregierung die Tourismusagenden übernehmen wird. Jetzt kommt wahrscheinlich Blau-Schwarz, was erwarten Sie? Ein Tourismusminister wäre das Wünschenswerteste, aus dem Grund, weil es erstmalig auch einen EU-Kommissar für Tourismus gibt und damit auf Augenhöhe verhandelt werden kann. Da sollten wir keinen Beamten hinschicken. Wir erwarten zumindest wieder ein Tourismusstaatssekretariat.
Sie sind Anfang 2022 in der Coronapandemie als Krisenmanager angetreten. Jetzt boomt der Tourismus wie nie, die Stimmung in der Branche müsste total positiv sein. Natürlich sind wir froh, dass die Gäste zurückgekommen sind. Aber wir haben nach wie vor einen Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel.
Im Dezember hat sich aber gezeigt, dass die Arbeitslosigkeit im Tourismus steigt. Wie das? Betroffen ist vor allem die Gastronomie im urbanen Großraum, in der Ferienhotellerie hat sich kaum etwas getan. Wir können nach wie vor niemanden aus Wien, wo es das größte Arbeitskräftepotenzial gibt, für die Saisonarbeit im Tourismus gewinnen, auch nicht junge ungebundene Menschen.
Warum ist das so schwierig? Weil der Anreiz offenbar zu gering ist, dabei würden wir auch Einsteiger nehmen. Aber selbst in den Städten, in Salzburg oder Wien, kaufen namhafte große Hotels jetzt Mitarbeiterhäuser, um Wohnungen zur Verfügung zu stellen und damit Personal anzulocken.
Also sind Sie auch fürs Abschaffen des Saisonnierskontingents für Drittstaaten? Ja, abschaffen. Aber in dem Sinn, dass wir um keine Kontingente mehr ansuchen müssen, wenn ich in Österreich niemanden finde, der gerne abwäscht oder kocht. Dann muss man den Arbeitsmarkt für den Westbalkan oder die EU-Beitrittsländer freigeben. Der Tourismus in Österreich hat in Spitzenzeiten 240.000 Beschäftigte, dabei machen die Saisonniers und Stammsaisonniers keine zwei Prozent aus, das ist nichts. Aber wir brauchen sie alle, und wir brauchen mehr. Wir müssen den Arbeitsmarkt aufmachen, nicht abschotten.
Also die Tore öffnen für billige Arbeitskräfte? Das sind keine billigen Ausländer. Wir haben die KV-Gehälter kräftig erhöht, wir haben jetzt wirklich herzeigbare Löhne. Warum die Österreicher die Jobs nicht machen, ist ein Politikum. Da erwarten wir uns von der künftigen Regierung, dass die Menschen schon animiert werden, wieder mehr einer Beschäftigung nachzukommen. Die Zuverdienstgrenzen bei Arbeitslosen gehören angeschaut, ich kann nicht in einem Betrieb drei Jahre lang geringfügig beschäftigt sein und nebenbei Arbeitslosengeld beziehen.
Es nutzt aber auch so mancher Betrieb die geringfügige Beschäftigung aus ... Ja, und das ist nicht in Ordnung. Wir haben ein Potenzial an Arbeitskräften im Land, das gehört ausgeschöpft. Wobei ich als Dienstleistungsbranche nicht nur Personal brauche, das den Job macht, damit er erledigt ist. Es ist nicht egal, wie ein Mitarbeiter den Gast anschaut.
Zu den Gästen, die werden internationaler, auch im Winter. Für Amerikaner ist Skiurlaub in Österreich billig. Werden die Preise weiter steigen? Den Preis macht immer noch der Markt, und die Amerikaner werden nie die Mehrheit sein. 70 Prozent unserer Urlaubsgäste kommen aus dem Ausland, davon sind mindestens zwei Drittel Deutsche, die werden am wichtigsten bleiben, und auch Länder wie Polen, Tschechien oder die Slowakei. Wir müssen uns aber krisenfester aufstellen und uns internationalisieren. Doch nur auf Luxussegment zu setzen, das geht sich nicht aus, und wir haben auch ein Drittel österreichische Gäste.
Was muss ein Fünfsternehotel heute bieten? Den Takt weltweit haben die Asiaten vorgegeben. Das ist irre, wie die losgelegt haben, da können wir nicht mit. Aber wir können unsere Häuser besser machen und für europäische Verhältnisse eine Top-Dienstleistung bieten. Österreichische Gastlichkeit hat einen Wert, auch wenn sie nicht mehr überall der Österreicher erbringt. Die Einheiten in den Top-Hotels sind alle größer geworden, die Wellnessbereiche haben zugelegt, auch in der Stadthotellerie wird das erwartet, genauso Fitnessräume. In der Ferienhotellerie hat man mit Viersterne Superior schon viel erfüllt, und man ist noch leistbar. Ein Ferienhotel braucht nicht 24 Stunden lang warme Küche.
Was sind Ihre Ziele in den nächsten drei Jahren der neuen Periode als ÖHV-Präsident? Dass wir den Tourismus weiter stärken und dass erkannt wird, wie viel Handelsbilanzdefizit wir mit dem Incoming-Gast ausgleichen und in guten Jahren auch Überschüsse erzielen. Es werden viele Milliarden über den Tourismus eingenommen. Dass wir die Bürokratie abbauen, ist ein Wunschziel, ich hoffe, dass wir nicht noch mehr bekommen. Firmen, die mit 15 Vorständen in unsere Hotels zu einem Seminar kommen, wollen alle Nachhaltigkeitsbilanzen haben, das kann nicht erfüllt werden. Das betrifft jetzt die EU, aber wir machen uns auch wahnsinnig viel Bürokratie im eigenen Land. Es ist viel Kleinmist, mit dem man gequält wird.
Walter Veit folgte im Jänner 2022 auf Michaela Reitterer als ÖHV-Präsident. Die Familie Veit betreibt in Obertauern das Hotel Enzian und die Mankei-Alm. Die Österreichische Hoteliervereinigung ist die unabhängige Interessenvertretung der Top-Hotellerie.