"Noch zu wenig Aufklärung bei osteoporotischen Brüchen."
Katharina Kerschan-Schindl
Ärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation.
Osteoporose-Prävention: Risikofaktoren erkennen und behandeln lassen
Ab dem 50. Lebensjahr wird empfohlen, so Kerschan-Schindl, ein mögliches erhöhtes Risiko für Osteoporose ärztlich abklären zu lassen. "In der sogenannten FRAX-Analyse wird ein klinischer Risikobogen ausgefüllt. Da geht es um das genetische Risiko, um Vorerkrankungen, Medikamente, die eingenommen werden, und Lebensstilfaktoren", erklärt die Ärztin, "diese Analyse kann primär auch ohne Knochendichtemessung gemacht werden."
Wenn eine Frau den Wechsel schon hinter sich habe und berichte, dass ihre Mutter bereits einen Oberschenkelhalsbruch erlitten habe, sei das ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko, "da ist es sinnvoll, dieses Risiko abzuklären und wenn notwendig weitere Maßnahmen zu ergreifen." Wenn ein einst gesunder Mensch im Laufe der Jahre Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes entwickle, so erhöhe sich wiederum häufig auch das Risiko osteoporotischer Knochenbrüche. "Auch, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum Kortison nehmen muss, sollte das Knochenbruchrisiko beim Arzt abgeklärt werden." Je nach Höhe des Risikos gebe es unterschiedliche medizinische Maßnahmen. "Bei einem hohen Risiko gibt es spezifische Medikamente, die den Knochenstoffwechsel drosseln und damit die Abnahme der Knochenmasse reduzieren", erläutert Kerschan-Schindl, "bei einem sehr hohen Risiko steht uns auch die Möglichkeit zur Verfügung, mithilfe einer osteoanabolen Therapie neuen Knochen aufzubauen. Das neueste Medikament weist sogar einen dualen Mechanismus auf, reduziert den Abbau der Knochenmasse und steigert den Knochenaufbau. Daraus ergibt sich ein besonders großer Effekt."
Gesunder Lebensstil gegen Osteoporose: Ernährung & Sport
Mit einem gesunden Lebensstil lasse sich der Osteoporose in vielen Fällen gut vorbeugen, sagt Kerschan-Schindl. "Die Grundvoraussetzung für gesunde Knochen ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit ausreichend Proteinen aus magerem Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Eiern und Hülsenfrüchten sowie ausreichend Kalzium und Vitamin D." Ein erwachsener Mensch benötige ein Gramm Kalzium am Tag. Kalziumquelle seien vornehmlich Milchprodukte. Die Ernährung sowie der UV-Anteil der Sonneneinstrahlung im Winter reiche oft nicht aus, um ausreichend Vitamin D bilden zu können, "das lässt sich dann mit entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen".
Auch körperliche Bewegung und eine regelmäßige mechanische Belastung spielten eine große Rolle für die Knochengesundheit. "Das beginnt schon beim Knochenaufbau in der Kindheit und Jugend und setzt sich das gesamte weitere Leben fort." Um die Knochenmineralisierung zu verbessern, sei besonders Krafttraining geeignet. "Ausdauersport fördert eher das kardiovaskuläre System, das Training mit Gewichten sowie Bewegungen mit hoher Gewichtsbelastung, beispielsweise Springen, setzen im Körper Impulse zur Verbesserung der Knochenfestigkeit." Auch ein regelmäßiges Gleichgewichtstraining sei dringend anzuraten, um das Sturzrisiko zu reduzieren.
Handlungsbedarf in Österreich
In Bezug auf die aktuelle Behandlung von osteoporotischen Knochenbrüchen sieht Kerschan-Schindl in Österreich einen großen Handlungsbedarf: "Nur einer von zehn Männern und weniger als zwei von zehn Frauen erhalten nach einem osteoporotischen Bruch eine spezifische Behandlung und die entsprechende Aufklärung zu ihrer Erkrankung, der Osteoporose." Dadurch komme es in vielen Fällen sehr rasch zu weiteren Knochenbrüchen. "Ich sehe immer wieder Patientinnen und Patienten, die sich innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne mehrere Brüche zuziehen. Brüche bedeuten Schmerzen, eventuell den Verlust von Selbstständigkeit, eine erhöhte Sterblichkeit und natürlich auch Kosten für das Gesundheitssystem. Mit einer angemessenen Sekundärprophylaxe - am besten im Rahmen eines integrierten Versorgungssystems - könnten viele Brüche, viel Leid verhindert werden."