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Maßgeschneiderte Treppen vom Lungauer Traditionsbetrieb

Konstruktionen aus Holz, Stahl, Glas und Leidenschaft. Es sind Unikate, deren Lebensdauer auf viele Jahrzehnte ausgelegt ist. Die Treppen eines Lungauer Traditionsbetriebs bestechen durch handwerkliche Perfektion und herausragendes Design.

Sieger beim Salzburger Tischlerpreis 2024: Faltwerktreppe „Linea“ von Wieland.
Sieger beim Salzburger Tischlerpreis 2024: Faltwerktreppe „Linea“ von Wieland.

Notwendige Aufstiegshilfe, funktionelles Architekturelement und gleichzeitig Raumkunstwerk: Stiegen und Treppen haben eine größere Bedeutung, als ihnen im Alltag für gewöhnlich zugemessen wird. Ihre Wirkung für Repräsentationszwecke und Inszenierungen wird schon seit Jahrhunderten genutzt.

"Treppen sind mehr als funktionale Verbindungen zwischen zwei Ebenen", sagt Alexander Koller. "Sie prägen als Objekte die gesamte Ästhetik eines Innenraums." Der Absolvent der FH Kuchl gehört seit über 20 Jahren zum Kernteam des Lungauer Treppenbauunternehmens Wieland. Der Handwerksbetrieb mit Sitz in Unternberg wurde 1941 gegründet, seit Mitte der 80er-Jahre hat sich die ehemalige Zimmerei rein auf den Treppenbau verlegt. "Wieland Treppen steht seit vielen Jahrzehnten für gediegenes Handwerk", sagt Koller. "Wir machen Treppen aus Holz, Stahl, Glas und - aus Leidenschaft." Er lacht: "Ich sage immer, es gibt zwei Möglichkeiten, unsere Produkte zu bekommen: Man kann sie entweder kaufen oder erben."

Präzision und Anpassung: Die Herausforderungen im Treppenbau

Der Treppenbau hält hohe Anforderungen an die Ausführenden bereit: Genauigkeit und ein breites Verständnis für gestalterische Prinzipien bilden in diesem Segment unabdingbare Voraussetzungen. "Jede Stiege ist ein Unikat und muss den individuellen Gegebenheiten angepasst werden", erklärt Koller. "Selbst in einer Reihenhausanlage mit drei scheinbar identischen Objekten ist jede Treppe für sich ein Einzelstück, weil das Naturmaß immer vom Plan abweicht." Maß genommen wird aus diesem Grund - ohne Ausnahme - auf der Baustelle und zum spätestmöglichen Zeitpunkt. Alles andere wird den Kriterien der Präzision nicht gerecht. "Genauigkeit ist unser Geschäft", meint Koller. "Unsere Produkte werden auf den Zehntelmillimeter genau hergestellt." Faktoren wie Platzbedarf, Stil, Materialität und vor allem Sicherheit spielen bei der Planung und der Ausführung auch eine entscheidende Rolle. "Die große Herausforderung ist es, statische Anforderungen und ästhetische Ansprüche in Einklang zu bringen", weiß der Holztechniker. Da sei vieles, aber natürlich nicht immer alles möglich.

Trends und Chancen im Treppenbau

Die allgemein schlechte Lage in der Bauwirtschaft geht auch an den Lungauern nicht spurlos vorüber. "Es zeichnet sich eine Veränderung ab", bestätigt Koller, "wir merken aber auch: Es wird mehr im Bestand gebaut." Für das Unternehmen stellt das nicht unbedingt einen Nachteil dar. "Bei Umbauten oder Aufstockungen sind vor allem leichtere Stiegenkonstruktionen gefragt", erklärt er, "das kommt uns natürlich zugute und mildert die schwache Konjunkturlage ein bisschen ab." Auch die zeitgemäße offene Wohnarchitektur spielt dem Treppenbau in die Hände. Große, ineinander übergehende Innenbereiche können durch Treppenanlagen nicht nur strukturiert werden, sie bilden auch ideale Stil- und Gestaltungselemente, die individuell konfigurierbar sind.

"Bei Umbauten sind oft leichte Konstruktionen gefragt."
Alexander Koller
Wieland Treppen

Zwischen 250 und 300 Treppengeschoße werden - in gut ausgelasteten Jahren - in Unternberg gefertigt. Neben privaten Auftraggebern werden auch Geschäftsbetriebe wie Zimmereien beliefert. Der Business-to-Business-Bereich sei ein zweites wichtiges Standbein für den Familienbetrieb, betont Koller.

Beratung und Einbindung von Treppenbauexperten

Zu welchem Zeitpunkt sollten Kunden oder Interessenten sich an einen Professionisten wenden? "Der oder die Treppenbauer sollten möglichst zeitnah in den Bauprozess einbezogen werden, am besten schon vor der Fertigstellung sämtlicher Baupläne", rät der Experte. "Idealerweise sollte parallel zur Planungsphase beim Architekten oder Baumeister auch der Spezialist involviert werden. Unbedingt früh genug, damit Probleme bei der Umsetzung rechtzeitig abgewendet werden können."

Der Treppenbau ist eine komplexe Angelegenheit, drohende Unwägbarkeiten gibt es mindestens ebenso viele wie Normen und Vorschriften. "Spezielle bautechnische Anforderungen wie Durchgangsbreiten, Stufenhöhen, Brand- und Schallschutzvorgaben müssen zwingend eingehalten werden und können - unter Umständen - auch die gestalterischen Freiheiten einschränken", weiß Koller. "Zu unseren Aufgaben gehört es, die Kunden umfassend über technische und bauliche Möglichkeiten zu informieren."

Eine Spindeltreppe von Wieland mit Namen „Black Beauty“.
Eine Spindeltreppe von Wieland mit Namen „Black Beauty“.

Von Bolzentreppen bis zu Spindeltreppen aus Holz

Ganz grundsätzlich ist die Auswahl an Varianten und Materialien bei Treppen groß: Von traditionellen Wangentreppen aus Holz über gewundene Spindeltreppen bis hin zu Stahl-Glas-Konstruktionen können die Unternberger Treppenbauer alles bewerkstelligen. Eine nachgefragte "Spezialität" des Hauses Wieland sind sogenannte Bolzentreppenkonstruktionen. Bei dieser Bauart werden Stufen mittels Stahlbolzen direkt in der Wand verankert. Das Ergebnis ist eine leichte, luftige Optik, die jeden Raum größer und offener wirken lässt. Zudem bietet dieses System hörbare Vorteile, weil es durch dauerelastische Stufenwandlager deutlich weniger Schallübertragungen in angrenzende Räume abgibt. Der Einbau der technisch sensiblen Konstruktionen ist zertifizierten Experten vorbehalten. Montieren dürfen nur Handwerksbetriebe, die über eine Europäische Technische Zulassung (ETA) verfügen. Mindestens genauso viel handwerkliches Know-how erfordert auch die Produktion von Spindeltreppen aus Holz. In dieser Spielart verlaufen die Stufen auf einem kreisförmigen Grundriss radial um eine zentrale Säule. Um das Holz der Wangen oder Handläufe korkenzieherförmig zu biegen, wird mit vielen dünnen Lagen Furnierholz gearbeitet. Koller: "Im Fachjargon sprechen wir da von schichtverleimten Krümmlingen. Dabei werden auf einer raumhohen Schablone millimeterdünne Furnierstreifen entlang der Rundung aufgebracht und so lange miteinander verleimt, bis die gewünschte Bauteilstärke erreicht ist." Die Arbeit an Krümmlingsteilen sei zwar eher die Ausnahme, sagt Koller, das nötige Können sei in der Firma aber vorhanden. "Unsere Mitarbeiter wissen, wie man so etwas fachgerecht macht."

Salzburger Tischlerpreis 2024

Dafür wurde der Betrieb vor Kurzem auch gewürdigt: Für zwei herausragende Projekte wurden dem Lungauer Unternehmen jeweils eine Auszeichnung und eine Anerkennung beim Salzburger Tischlerpreis 2024 verliehen.

Für die Planung und Konstruktion steht den Professionisten heute modernste Technik zur Verfügung. Trotzdem hat sich in der Welt der Treppenbauer auch überliefertes Wissen erhalten. Um zu errechnen, wie eine Stiege bequem begangen werden kann, wird seit über 300 Jahren die Schrittmaßregel angewendet. Vom französischen Baumeister François Blondel 1683 entwickelt, beruht sie auf der Erkenntnis, dass sich die horizontale Schrittlänge auf Treppen um das Doppelte der Stufenhöhe vermindert. Solange es Treppen gibt, wird sich daran wohl nichts ändern.