Austro-Daimler-Schnelltriebwagen 1933
Austro-Daimler-Schnelltriebwagen wurden ab 1933 auf der Eisenbahnstrecke von der Stadt Salzburg nach Graz eingesetzt. Auch auf der Strecke der Salzkammergut-Lokalbahn fuhren diese Schnelltriebwagen.
Über die Eröffnungsfahrt Salzburg–Graz
Am Sonntag, den 6. August 1933, fand die Eröffnungsfahrt statt, worüber das "Salzburger Volksblatt" in seiner Ausgabe vom 7. August 1933 berichtete. Am 7. August wurde dann der regelmäßige Bahnverkehr mit Austro-Daimler-Schnelltriebwagen zwischen Salzburg und Graz aufgenommen.[1]
Salzburg–Graz. Eröffnungsfahrt der Austro-Daimler-Schnelltriebwagen der Bundesbahnen.
Der gestrige Sonntag war für die Verkehrsentwicklung auf den Bundesbahnen in der Relation Salzburg—Graz von größter Bedeutung. Es fand an diesem Tage die feierliche Eröffnung der neuen Triebwagen-Expreß-Verbindung Salzburg—Graz bezw. Graz—Salzburg statt. Diese Eröffnungsfahrt, an der nur geladene Gäste teilnahmen, hat bewiesen, daß die in den Dienst gestellten neuen Schnelltriebwagen den Anforderungen voll entsprechen und ein außer ordentlich zweckmäßiges und für den Reisenden angenehmes Verkehrsmittel darstellen.
Die Teilnehmer an der Fahrt versammelten sich um 8 Uhr auf dem Inselbahnsteig des Salzburger Hauptbahnhofes, wo sie vom Maschinendirektor der Bundesbahnen Ing. Karner empfangen wurden, der darauf hinwies, daß die Bundesbahnen, durch die zunehmende Konkurrenz der Straße gezwungen, bemüht seien, den Verkehr zu modernisieren. Er gab dann auch einige technische Erläuterungen. Es ist zu bemerken, daß die neuen Triebwagen, die infolge der Tieferverlegung des Gitterträgers, der den Waggon trägt, sehr niedrig erscheinen, in ihrem dunkelblauen Anstrich einen sehr gefälligen Eindruck machen. Der Ausblick aus den Waggons, die fast durchwegs Glaswände haben, ist nach allen Seiten vollkommen unbehindert. Das schnelle und stoßfreie Fahren wird vor allem durch die Neukonstruktion der Räder ermöglicht. Darüber sagt der technische Bericht:
Technische Details.
Es ist für die Sicherheit eines Eisenbahnfahrzeuges von größter Bedeutung, daß die Führung zwischen den Schienen durch Spurkranzräderpaare erfolgt, deren Spurweite und Laufprofil nicht nur den gestehenden Vorschriften entspricht, sondern auch aus den jahrzehntelangen Erfahrungen des Eisenbahnbetriebes ausgebaut sein muß. Andererseits besteht die Forderung, das Gewicht des Fahrzeuges und die Antriebskräfte luftgefedert durch die Luftreifen zu übernehmen. Dies führt zu einer zwanglosen Teilung der Ausgaben, in die des Führens und des Tragens. Dementsprechend sind beim System Austro-Daimler zwei Systeme—Führungsräder und Tragräder— zur Anwendung gekommen. Die in der üblichen Weise luftbereiften Tragräder des Fahrzeuges laufen in trommelartig ausgebildeten Führungsrädern aus Stahl, deren Außenumfang die übliche Eisenbahnprofilform hat. Je ein linkes und ein rechtes Führungsrad sind durch die Führungsachse spurhältig miteinander verbunden, doch besteht zwischen diesem Führungsradsatz und dem Fahrzeug selbst keine wie immer tragende oder treibende Verbindung. Die Tragräder übernehmen durch ihre Tragachse des Fahrzeuggewicht über normale Blattfedern und die Antriebskraft durch einen Kegelradtrieb. Im Gegensatz zu früheren Konstruktionen erlaubt diese neue Bauart die Verwendung beliebig großer und breiter Luftreifen und damit die Steigerung der Tragfähigkeit auf jede gewünschte Größe. Der geschützte Lauf der Luftreifen innerhalb der Lauftrommel der Führungsräder, wo sie ohne jeden radialen oder achsialen Zwang frei umlaufen, schasst überaus günstige Arbeitsbedingungen, die sich in einer gegenüber jedem Straßenfahrzeug beträchtlich erhöhten Lebensdauer auswirken. Diese günstigen Arbeitsbedingungen im Verein mit der Zweiteilung der Aufgabe —Tragen und Führen— ließ für das neue System gegenüber den bisher bekannt gewordenen Bauarten eine gewaltige Überlegenheit erhoffen, die in dem ausgedehnten Versuchsbetrieb im fahrplanmäßigen Verkehr vollauf erfüllt wurde. Neben der Isolierung aller Schienen- und Antriebsstöße ermöglicht der Luftreifen auch noch eine bemerkenswerte Dämpfung von Seitenstößen, für die seine natürliche, durch entsprechende Anschläge begrenzte Nachgiebigkeit aus genützt wird.
Außer dieser Neuerung in der Anordnung der Räder weisen die neuen Schnelltriebwagen der Austro-Daimler-Werke auch noch eine Reihe anderer außerordentlich zweckentsprechender technischer Neuerungen auf, die diese Waggons in der Tat als hervorragend geeignet zum sicheren und angenehmen Reisen mit aufs Äußerste erhöhter Schnelligkeit erscheinen lassen.
Die Fahrt nach Graz.
Für die Reise nach Graz standen gestern zwei Schnelltriebwagen bereit. Ein achtachsiger Austro-Daimler-Drehgestell-Schnelltriebwagen, der 22.5 Meter lang ist, eine Leistung von 160 PS entwickelt und 74 Sitzplätze enthält, und ein vierachsiger Schnelltriebwagen, in dem 45 Personen Raum finden. Dieser Wagen ist nur 11½ Meter lang.
Die Gäste, unter denen sich als Vertreter des Landeshauptmanns Dr. Rehrl Regierungsrat Hofmann Montanus, in Vertretung der Stadt Salzburg Vizebürgermeister Josef Preis, Handelskammerpräsident Schließlberger, Vertreter der Behörden, eine Anzahl höherer Beamten der Bundesbahnen und Vertreter der Presse befanden, nahmen in dem achtachsigen Wagen Platz, der um 8 Uhr 15 von Salzburg abfuhr. Der vierachsige Wagen folgte 15 Minuten später als Schulwagen. Die Fahrt durch den herrlichen, wolkenlosen Sommertag war besonders auf der Gebirgsstrecke von überwältigender Schönheit. Das ruhige Gleiten des Wagens ließ keinerlei Stöße und Schwankungen fühlen. Die angenehme Anordnung der Sitzplätze machte das Verweilen in diesem neuen Verkehrsmittel zu einem Vergnügen, umsomehr, als auch die vorzügliche Ventilation trotz des heißen Tages keine unangenehme Hitze im Waggon entstehen ließ. Im raschen Fluge durcheilte der Schnelltriebwagen das Salzachtal, stieg dann in das Ennstal hinan und durchfuhr, herrliche Landschaftsbilder vermittelnd, die schönsten Gegenden der grünen Steiermark. Mit einer etwa halbstündigen Verspätung —die Fahrer sind mit der Strecke noch nicht so vollkommen vertraut, um das Letzte aus den Motoren herausholen zu können und außerdem brachten auch auf der eingeleisigen Strecke zwischen Bischofshofen und Leoben Kreuzungen mit einigen fahrplanmäßigen Zügen, die Verspätungen hatten, einige Verzögerung— kam man in Graz an.
Immerhin bringt es die Indienststellung der Triebwagen mit sich, daß man jetzt von Salzburg nach Graz in einer mehr als drei Stunden kürzeren Fahrzeit reisen kann, als bisher die Fahrt mit dem schnellsten D-Zug nötig machte.
Der Aufenthalt in Graz.
Auf dem Grazer Bahnhofe hatten sich zur Begrüßung zahlreiche Vertreter der Stadt und des Landes eingefunden. Bei einem gemeinsamen Mittagessen in der Bahnhof-Restauration begrüßte namens des Landeshauptmannes Dr. Rintelen, der bei der Heldenfeier in Radkersburg weilte, Landtagsabgeordneter Veterinärdirektor Gaß die Salzburger, während Bürgermeister-Stellvertreter Professor Rücke! die Gäste namens der Stadt Graz willkommen hieß. Es sprach ferner der Maschinendirektor der Bundesbahnen Ing. Karner, der betonte, die Einführung der Triebwagen sei der Beginn einer neuen Aera des Verkehrswesens, die der Volkswirtschaft Nutzen bringen soll, Regierungsrat Hofmann-Montanus namens des Landeshauptmannes Dr. Rehrl, der seit langen Jahren den Wunsch nach einem engen Kontakt zwischen Graz und Salzburg hege, Direktor Windberger von den Daimler-Werken, der auf die technischen Vorteile des Triebwagenverkehres und besonders der Austro-Daimler-Schnelltriebwagen verwies und Bm.-Stv. Preis, der die Grüße Salzburgs überbrachte und den Wunsch aussprach, daß die Fahrzeitverkürzung die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Landeshauptstädten vertiefen mögen. Nach dem Mittagessen unternahmen die Salzburger Gäste mit den Grazer Teilnehmern an der Eröffnungsfahrt in Autos Rundfahrten durch die Stadt und eine Fahrt auf den Schloßberg.
Die Rückfahrt.
Um 16 Uhr 15 Min. wurde vom Grazer Hauptbahnhofe aus, in dem sich auch Landeshauptmann Rintelen in Begleitung des Sicherheitsdirektors Brigadier Pichler zur Begrüßung der Salzburger Gäste eingefunden hatte, die Rückfahrt nach Salzburg angetreten, zu der diesmal der kleinere vierachsige Schnelltriebwagen benützt wurde. Herrlich schön war die Fahrt in dem so ruhig und rasch dahingleitenden Wagen durch den herabsinkenden Abend. Die Fahrtteilnehmer genossen die Schönheit des Mur- und Ennstales und waren besonders entzückt, als sich der gewaltige Klotz des Grimming, die vielgezackte Kette der Niederen Tauern und der scharfgegliederte Stoderzinken in so pittoresker Linie von dem zart gefärbten Abendhimmel, in dem nur wenige von der Sonne vergoldete Wölkchen schwammen, abhoben. Einige Berge erglühten in wunderbarem Alpenglühen. Als man dann, schon in fast völliger Nacht dahingleitend, bei einem Rückblicke den Dachstein noch im letzten Sonnenlichte sah, wurden Rufe des Entzückens laut. Mit geringfügiger Verspätung wurde Salzburg erreicht.
Die Teilnehmer an der Fahrt begaben sich ins Hotel Stein, wo auf der hochgelegenen Dachterrasse, die, vom Mondlicht beschienen und oft vom Lichtkegel des Scheinwerfers bestrichen, ganz entzückend: Blicke auf die nächtliche Schönheit Salzburgs gewährte, gemeinsam das Nachtmahl ein. Auch hier wurden wieder eine Reihe von Ansprachen gehalten, in denen die guten Beziehungen zwischen Salzburg und Graz gefeiert wurden. Es sprachen Regierungsrat Hofmann-Montanaus, Vizebürgermeister Preis und Kommerzialrat Funder namens der Salzburger, Regierungsrat Leonardi in Vertretung des steirischen Landeshauptmannes und Stadtrat Schubert namens der Stadt Graz.
Hoch befriedigt über den Verlauf der Fahrt und des Tages trennte man sich, und die Grazer bedauerten nur, daß sie nach so kurzem Aufenthalte in Salzburg schon in der Nacht wieder die Rückfahrt in ihre Heimat antreten mußten.
Pressefahrt mit Schnelltriebwagena auf der Strecke der Salzkammergut-Lokalbahn
Ein Artikel im "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 30. August 1933:
Im Schnelltriebwagen ins Salzkammergut. Der modernisierte Betrieb.
Salzburg, 30. August. Die Direktion der Salzkammergut-Lokalbahn veranstaltete am Dienstag für ausländische Journalisten eine Sonderfahrt in das Salzkammergut nach Sankt Gilgen, um die neuen, luftbereiften Austro-Daimler-Triebwagen zu demonstrieren. Der Einladung zur Fahrt hatten neben zahlreichen österreichischen Journalisten Pressevertreter aus Frankreich, Holland, Rußland, Polen, Skandinavien, Italien, Jugoslawien und der Schweiz Folge geleistet.
Die Fahrt mit den neuen Schnelltriebwagen, die nun schon seit mehreren Wochen auf der Strecke nach Ischl in Verwendung stehen, nahm einen in jeder Hinsicht gelungenen Verlauf. Die technische Vollkommenheit der eleganten, überaus zweckmäßig konstruierten Wagen trägt allen Forderungen des modernen Reiseverkehrs Rechnung und bietet dem reisenden Publikum außerdem trotz merklich erhöhter Reisegeschwindigkeit jede wünschenswerte Verkehrssicherheit. Ruhig, ohne Stoßen und Schwingen gleiten die Wagen fast geräuschlos auf den Schienen der überaus kurvenreichen Fahrbahn dahin und erschließen den Reisenden die wundervollen Landschaftsbilder des weltbekannten Salzkammergutes.
Während der Fahrt wurden verschiedene Experimente mit dem Wagen, das Ziehen der Notleine, das selbsttätige Wirken der Totmann-Einrichtung, Anfahren mit Vollgas usw. demonstriert. Nach der Ankunft in St. Gilgen verwies auf der Seeterraffe Präsident Dr. Vilas auf die wirtschaftliche Bedeutung der modernen Verkehrseinrichtungen im Rahmen der Fremdenverkehrsförderung. Die Salzkammergutlokalbahn hat sich durch Einführung der neuen Wagen als erste Eisenbahngesellschaft Österreichs nach den neuesten Errungenschaften der Technik modernisiert, so daß das Bereisen eines der schönsten Alpengebiete nun zum wahren Vergnügen geworden ist. Präsident Vilas ersuchte die ausländischen Journalisten, unser in hartem Wirtschaftskampf stehendes Land durch Wiedergabe der gewonnenen Reiseeindrücke zu unterstützen.
Auf der Rückfahrt, die vollkommen programmäßig verlief, gaben Direktor Richter und die Ingenieure der Betriebsleitung noch verschiedene Erläuterungen über die technischen Einzelheiten des Schnelltriebwagens, die großem Interesse begegneten.
Video-Link
- Hier der Link zu einem Filmdokument von den Salzburger Festspielen 1927 aus dem Österreichischen Filmarchiv von der ersten Fahrt des Austro-Daimler-Schnelltriebwagens 1933 auf der Salzkammergut-Lokalbahn, Länge 02:17 min. www.filmarchiv.at
Weblink
- ANNO, "Die Lokomotive", Ausgabe 1932, Triebwagen oder Schienen-Auto II. Austro Daimler Schnelltriebwagen. Ein detaillierter Bericht über technische Details dieses Austro-Daimler-Schnelltriebwagen
Quellen
- ANNO, "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 7. August 1933, Seite 1
- ANNO, "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 30. August 1933, Seite 4
Einzelnachweis
- ↑ ANNO, "Salzburger Chronik", Ausgabe vom 2. August 1933, Seite 3