Displaced Persons

Displaced Persons (DP) sind Zivilpersonen, die sich aufgrund von Kriegsfolgen zwangsweise außerhalb ihres Heimatstaates aufhalten.
Einleitung
Die Zahl der Displaced Persons in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Jahr 1946 auf ca. 450 000 bis 500 000 geschätzt, bei ca. zehn Millionen als "DP" Bezeichneten weltweit. Dies entsprach etwa sieben Prozent der österreichischen Bevölkerung nach dem Krieg unter Berücksichtigung der sich noch in Kriegsgefangenschaft befindlichen Personen.[1] Ein nicht unwesentlicher Teil der Vertriebenen blieb dabei in zahlreichen Lagern in und um die Grenzstadt Salzburg hängen, wobei die Gesamtzahl jene der Einwohnerzahl Salzburgs überschritten haben könnte.
Der DP-Status wurde mittels ausgestellten Identifikationskarten bescheinigt. An Angehörige von Feindstaaten, aus Deutschland, Österreich und Japan wurden anfangs Enemy DP - Identifikationskarten ausgegeben, an Angehörige der Staaten Ungarn, Siam, Rumänien, Bulgarien, Reichs- und Volksdeutsche sowie aus Japan nach deren Kapitulation wurden Ex-Enemy DP Identifikationskarten ausgegeben.
Angehörige der am 26. Juni 1945 gegründeten UN Mitgliedsstaaten erhielten "UNDPs-Identifikationskarten".
Spezialfälle wie beispielsweise Staatenlose, Personen mit zweifelhafter Identität, rassisch, religiös oder politisch Verfolgte oder jüdische Personen die nicht in ihr Heimatland zurück wollten wurden in spezielle Kategorien gefasst.
Salzburgbezug
Der nach dem Zweiten Weltkrieg aufgekommene Begriff traf daher auch auf eine Vielzahl von Personen im Bundesland Salzburg zu. Die Vertriebenen bildeten vor allem Volksdeutsche aus deutschsprachigen Siedlungsgebieten in Osteuropa und aus dem Balkan, sowie aus Pommern, Schlesien, Ostpreußen und Südtirol. Weiters waren auch Personen darunter, welche in besetzten deutschen Gebieten mit den Deutschen zusammengearbeitet hatten oder diesbezüglich bezichtigt wurden. Der Begriff inkludierte ebenso ehemalige Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter sowie freiwillige Arbeitskräfte aus Osteuropa, welche während des Krieges nach Deutschland gekommen waren. Auch (Kriegs-)Verbrecher, Deserteure oder geflohene Sträflinge versuchten so unerkannt einer Strafe zu entkommen.
Die Lager waren weitgehend nach Nationalitäten getrennt. So gab es u. a. ein Russenlager in Parsch in der Stadt Salzburg mit vorwiegend Personen aus dem russischen und weißrussischen Siedlungsraum, das Schwabenlager in Grödig für Donauschwaben, oder eigene Lager für jüdische Personen, die durch die traurig berühmt gewordene Krimmler Judenflucht Salzburg verließen, und andere. Offiziell geführte Lager erhielten die Bezeichnung DP-Camps.
In diesen Lagern entstanden zudem Fußballvereine mit meist nur sehr kurzer Bestandsdauer wie etwa der RSK Parsch, der SK Jugoslawien, der SK Ukraine, Viktoria Salzburg, SV Danubia Salzburg oder der SV Grödig. Diese durften zumeist aufgrund der Ausländerregelung nicht am Meisterschaftsbetrieb teilnehmen. Letztgenannter ist der einzig bis heute bestehende Verein.
Am 15. April 1951 erreichte die Zahl der in Salzburg lebenden Flüchtlinge und DP mit 36 378 Personen ihren Höhepunkt.
In den Lagern wurden zahlreiche Kinder geboren
In der Stadt Salzburg waren von 1945 bis 1949 mehr als 10 000 jüdische Displaced Persons in sieben Lagern untergebracht, darunter in der Franz-Josef-Kaserne (heute Mozarteum), in der Riedenburgkaserne oder in einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager der Nazis an der Kleßheimer Allee. Als Transitlager diente das Augustiner Bräu in Mülln. Die Menschen blieben dort maximal 72 Stunden und zogen dann weiter.
Am Land gab es Camps in Hallein, Puch, Saalfelden, Badgastein und St. Gilgen. Die jüdische Gemeinde in Salzburg, sie umfasst heute rund 100 Gläubige, habe damals nicht profitieren können, sagt der Zeithistoriker Albert Lichtblau. "Nur wenige sind geblieben." Das Leben in den Lagern war gleichermaßen von Hoffnung und Leid geprägt. Es entstanden viele neue Beziehungen, Ehen wurden geschlossen und Kinder gezeugt. "In den Lagern war die Geburtenrate doppelt so hoch wie in der österreichischen Bevölkerung", betont Lichtblau.
Eines der Fotos in der Displaced Persons-Ausstellung 2023 auf dem Marko-Feingold-Steg zeigte Zehava Zarchi, die 1947 im Camp in der Riedenburgkaserne zur Welt kam. Ihr Vater gab in den Camps Musikunterricht und leitete einen Chor, ihr Großvater starb in Salzburg und ist hier begraben. 1949 emigrierte die Familie nach Israel. Seit kurzem ist Zehava Zarchi österreichische Staatsbürgerin. Lichtblau kontaktierte Zehava Zarchi in Israel, sie schickte ihm daraufhin das Foto aus dem Camp Riedenburg.
Marko Feingold half damals bei der Beschaffung von Lebensmitteln
In den Lagern starben zwischen 1946 und 1949 aber auch viele Kinder. Davon zeugen die Gräber von 71 Kindern, die am jüdischen Friedhof in Aigen begraben sind. Ihre Namen sind dort an einem Gedenkort mit der Aufschrift verewigt: "Nach dem II. Weltkrieg zogen durch Salzburg verfolgte Juden. Die Frauen waren sehr geschwächt und hatten sehr viele nicht lebensfähige Geburten." Marko Feingold half damals mit, Lebensmittel für die Lager sowie Treibstoff zu beschaffen. Seine Frau Hanna Feingold verweist auf ein Zitat ihres Mannes. Beim Blick aus dem Fenster in der Haydnstraße auf das Camp in der Franz-Josef-Kaserne sagt er: "...dieses Elend, man musste was tun, und wir nahmen es in die Hand."
Der Verein "Alpine Peace Crossing" (APC) widmet sich seit 2007 der Geschichte der Displaced Persons. Rund 8 000 jüdische Überlebende überquerten nach dem Krieg zu Fuß den Krimmler Tauern, um nach Italien und von dort per Schiff auf illegalem Weg Richtung Palästina zu gelangen. Auf diesem Weg konnten sie die anderen Besatzungszonen umgehen. In Erinnerung an die Displaced Persons veranstaltet der Verein jedes Jahr eine Gedenkwanderung über den Krimmler Tauern nach Kasern in Südtirol. Sie führt über die historische Fluchtroute.
DP-Lager
- Stadt Salzburg
Lager mit verschiedenen Nationalitäten
Jüdische DP-Lager
- Camp Mülln im Augustiner Bräu Kloster Mülln
- Machne Yehuda, Riedenburgkaserne
- Camp Herzl, Franz-Josefs-Kaserne in der Schrannengasse
- Bet Bialik, Struberkaserne in der Kleßheimer Allee
- Bet Trumpeldor, Gnigl
- New Palistine, Parsch, Nähe Russenlager
- Land Salzburg
Jüdische DP-Lager
- Bet Israel, Lager Puch
- Givat Avoda, jüdisches Transitlager in Saalfelden
Ausstellung
Quellen
- Über die Berge dem Gelobten Land entgegen − Alpine Peace Crossing, Schriftenreihe des Landespressebüros, Dokumentationen Nr. 117, Mai 2008, ISBN 978-3-85015-228-0
- Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Displaced Person"
- www.sn.at, 6. Juni 2023: "Neue Ausstellung am Marko-Feingold-Steg zeigt die Geschichte der jüdischen Überlebenden in Salzburg"
Einzelnachweis
- ↑ ANNO, "Salzburger Tagblatt", 2. September 1946