Marktbrand von Saalfelden im Juli 1811
Der Marktbrand von Saalfelden war eine Brandkatastrophe, die sich am 29. Juli 1811 ereignete und den Markt Saalfelden im Mitterpinzgau fast vollständig in Schutt und Asche legte.
Überblick
Das Feuer brach in einem Haufen von Scheitern und Hobelspänen im Hof des sogenannten Unterbräu aus, griff schnell auf den Stadel des Nachbarhauses über und vernichtete schließlich insgesamt mehr als hundert Gebäude. Trockenes Wetter und starker Wind begünstigten die Ausbreitung, Löschversuche blieben daher und wegen anderer unglücklicher Umstände vergebens. Nur zwölf Häuser blieben stehen. Es gab zahlreiche Verletzte und zwei Todesopfer.
Innerhalb weniger Jahre wurde Saalfelden großzügiger, schöner und feuersicherer wieder aufgebaut. Dabei wurde streng auf die Einhaltung der Bauordnung geachtet: Stadel waren im Markt verpönt, die Häuser mussten bis zum Scharrdach gemauert werden, die Straßen gerade geführt und erweitert.
Die ganze Geschichte
"Äußerst hart war das Schicksal, das in der Epoche der napoleonischen Wirren Salzburg bereitet wurde. Nicht weniger als viermal wechselte innerhalb eines Jahrzehnts die Regierung und so konnte das einst so stolze geistliche Fürstentum, das 1803 seinen letzten geistlichen Landesherrn, den tüchtigen Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo, verlor, nicht zur Ruhe kommen. Unerhörte Brandschatzungen seitens der Franzosen, die sich 1801 und besonders 1809 förmlich häuslich in der Stadt und auf dem Lande eingerichtet hatten, griffen dem Wohlstand der Bürger und Bauern an den Lebensnerv. Aus allen Wunden des Aufstandes anno 1809 noch blutend, fiel Ende 1810 Salzburg samt Berchtesgaden an Bayern und wurde, vereint mit abgetretenen Landesteilen von Oberösterreich, zum "Salzachkreis" des jungen Königreiches. Bayern hatte damals in gewaltigen inneren sowie äußeren Umwälzungen ein förmlich neues Gepräge erhalten und übertrug, entsprechend den Anschauungen der Zeit, seine vom Polizeigeist beherrschten staatlichen Einrichtungen rücksichtslos auf die neuerworbenen Provinzen, ohne sich um das Alte, Bewährte und liebgewordene irgendwie zu kümmern. Es sollte Salzburg ähnlich wie Tirol ergehen. Der fürchterliche Steuerdruck und das Taxenwesen hielten den Bauernstand nieder, dem durch zahlreiche Rekrutierungen auch die notwendigsten Arbeitskräfte entzogen wurden; Bergbau, Gewerbe und Handel verfielen, eine allgemeine Verzweiflung ergriff die Bevölkerung, die dumpf und gleichgültig dahinbrütete und sich auf bessere Zeiten tröstete. Selbst die Elemente schienen sich verschworen zu haben. Häufige Überschwemmungen, knapp aufeinander folgende Mißernten und Viehseuchen bildeten ein schauerliches Vorspiel zum Hungerjahr 1816/17. Am empfindlichsten wurde wohl in diesen Zeiten der stattliche Markt Saalfelden getroffen, der am 29. Juli 1811 einem verheerenden Brande fast gänzlich zum Opfer fiel.
"Saalfelden, einer der größten und volkreichsten Märkte des Landes, in der reizenden Gegend des Gebirgslandes gelagert und von einem Volke bewohnt, das sich sehr vorteilhaft vor allen anderen Pinzgauern von jeher auszeichnete, Saalfelden ist nicht mehr. Sein Los war in weniger als 4 Stunden entschieden. Am 29. Juli um 1¾ Uhr nachmittags bis abends 5 Uhr war es geschehen." So schrieb der Landrichter von Saalfelden, Kornel Schwarz, am 30. Juli von Schloß Dorfheim aus der vorgesetzten Behörde nach Salzburg. In einem Haufen von Scheitern und Hobelspänen im Hofe des Unterbräu (Deutinger) brach das Feuer aus und schnell griff es über auf den Stadel des Nachbarhauses, in dem eben Getreide gedroschen wurde. Zwei Bräuburschen wollten mit einem Schaff Wasser das Feuer ersticken, vergebens, binnen kurzem standen infolge des trockenen Wetters und starken Windes die Dächer der Häuser und zahlreiche Wirtschaftsgebäude in hellen Flammen. Nach einer halben Stunde wurde auch schon die Kirche samt dem Turm von dem Flammenmeer ergriffen, bald stürzte unter furchtbarem Getöse der Turm ein und "sprühte Lavaströme" nach allen Seiten aus. Auf die Kirche folgten der angrenzende Dekanalhof, das umliegende hölzerne Marktviertel und nach vierstündigem Wüten lagen nebst der Pfarr- und Spitalskirche weit über hundert Häuser in Schutt und Trümmer, darunter auch das schöne Landgerichtshaus, das neuerbaute Haus des Oberförsters, zwei Brauhäuser, 14 Wirtshäuser. 10 Kramereien; nur 12 Häuser blieben verschont. Selbst ein Haus, das fast eine Stunde weit vom Markte entfernt lag, geriet in Brand und in einem Umkreis von zwei Stunden wurden brennende Fetzen umhergewirbelt.
Anfangs versuchte man energisch zu retten. Leider stand nur eine Spritze zur Verfügung, die bald durch das trübe, stark mit Sand vermengte Wasser unbrauchbar wurde. Wassermangel trat ein, die wenigen Feuereimer und Feuerleitern verbrannten und die Leute liefen hilf- und ratlos auseinander, nunmehr nur auf die Rettung ihrer eigenen Habe bedacht. Der Landrichter von Zell am See schickte sofort die Feuerspritze, allein bei der schnellen Fahrt zerbrachen die Räder. Schlimm erging es Kornel Schwarz, der sich gerade in amtlichen Angelegenheiten in Haarham aufhielt und auf der rasenden Rückfahrt rücklings aus dem Wagen stürzte. Der beliebte Landrichter zog sich dabei eine schwere innere Verletzung zu, der er nach wenigen Jahren mit Hinterlassung von 12 Kindern erliegen sollte. Leider war auch der Verlust zweier Menschenleben zu beklagen: Anna Haarbacherin, Eheweib des Schusters Johann Aigner, sowie Maria Planerin, Eheweib des Schneiders Franz Herzog, hatten bei Rettungsversuchen den Tod gefunden, sehr viele an Händen und Füßen Brandwunden davongetragen. Nicht wenige zeichneten sich rühmlich aus, so Leutnant Baron Cavalette vom Infanterie-Regiment Kronprinz mit seiner Kordonmannschaft (Polizeimannschaft), der gewesene Pfleger Lottersperger samt seinen Söhnen, der Herr v. Dorfheim, Kajetan v. Lürzer, der Schmiedsohn J. Posch, der Bäckerbursche Leonhard Fellner, der Wirt Poschacher aus Leogang sowie mehrere Landleute. An Anzeichen des furchtbaren Unglückes fehlte es bei abergläubischen Gemütern natürlich nicht. Ein altes Männchen soll schon acht Tage vorher rote Streifen vom Himmel herabfallen gesehen und ein altes Weib die "Wehmutter" winseln gehört haben.
Die Ursache des Brandes konnte nie sicher aufgestellt werden, trotzdem von der bayerischen Regierung zwei Prämien von 10 und 25 Dukaten ausgesetzt wurden, um über die angenommene Brandlegung Klarheit zu erhalten. Nach Jahren soll der Täter auf dem Totenbette sein Verbrechen einbekannt haben. Umsichtig griff die Regierung in Salzburg ein, die für die nötige Nahrungszufuhr Sorge trug, einige hundert Gulden Bargeld übermittelte und an die Bewohner einen Aufruf erließ. Kreisrat Rund wurde allsogleich nach Saalfelden entsendet, um an Ort und Stelle das Nötigste vorzukehren. Selbst am 4. August brannte es noch nach seiner Darstellung, kein einziges Gebäude des Hauptmarktes war verschont geblieben und vorläufig mußte Rund in einem halbverbrannten Gewölbe des Wirtes Auer sein Amtslokal aufschlagen. Die Bevölkerung suchte Zuflucht in den stehen gebliebenen zwölf Häusern und in benachbarten Schlössern. Auf 307 881 Gulden wurde der Gesamtschaden geschätzt. davon fielen 167 970 Gulden auf die Gebäude und 139 851 Gulden auf die verlorenen Effekten. Zum größten Glück waren die Saalfeldner bereits 1811 der von Bayern eingeführten wohltätigen Brandassekuranz auf Betreiben ihres wackeren Landrichters beigetreten und nicht weniger als 43 098 Gulden Entschädigung sollte geleistet werden. Welche Wohltat für die Abbrändler, von denen kaum ein halbes Dutzend imstande gewesen wäre, aus eigenem das Heim wieder aufzubauen!
Allerdings brauchte die Versicherungssumme, streng genommen, nicht ausbezahlt zu werden, da die Versicherung erst knapp vorher abgeschlossen worden war. Tatsächlich trat auch infolge der Verzögerung der Ausbezahlung eine empfindliche Störung im Wiederaufbau ein. Doch eine Deputation, bestehend aus dem Bürgermeister Johann Riedelsperger und Munizipalrat Anton Schlaffer bewirkte durch eine Audienz beim edlen König Max, daß die Summe gnadenweise bewilligt wurde. Weitere energische Vorstellungen des Landrichters Kornel Schwarz erzielten überdies durch drei Jahre die Befreiung von den Staatsauflagen. Nachlässe an Zinsen und Stiftungsschulden, Beistellung von billigen Nägeln aus staatlichen Bergwerken u. a. m. Großartig fiel das Ergebnis der Sammlungen in diesen Tagen schrecklicher Geldnot aus. Kronprinz Ludwig, der Generalgouverneur des Inn- und Salzachkreises, ein begeisterter Verehrer des schönen Gebirgslandes und edler Menschenfreund, ging mit gutem Beispiele voran und der allgemein gerühmte wohltätige Sinn der Bürger Salzburgs zeigte sich wieder einmal im glänzendsten Lichte. Bis Oktober 1812 liefen über 16 500 Gulden bar ein. dazu eine Menge von Nahrungsmitteln, Kleidungsstücken und Einrichtungsgegenständen. Rührende Züge werden uns überliefert. So verzichteten zugunsten der Saalfeldener die Offiziere und Mannschaften des bayer. Inf.-Regimentes Nr. 2 "Kronprinz" und des 8. Chevauxleger-Regimentes, beide in Salzburg, die sich hauptsächlich aus dem Salzachkreis ergänzten, auf einen Tagessold, die Boten in Salzburg erklärten sich zu einer unentgeltlichen Fuhre nach Saalfelden bereit und im entlegenen Vöcklabruck veranstalteten Schulkinder eine kleine Theateraufführung mit 3 Gulden Reinertrag für die Abbrändler. Niemand brauchte Not zu leiden, derart viele Lebensmittel spendete die Landbevölkerung. Es wurde eine eigene Verteilungskommission, bestehend aus dem Landrichter, Dechant, Oberförster und Bürgermeister gebildet. Diejenigen, welche wieder aufbauen wollten, wurden nach Maßgabe ihres Schadens in vier Klassen geteilt und mit Bargeld bedacht, die Nichtbauenden mehr mit Naturalien. Hart verfuhr man gegen die drei Bürger, welche der Assekuranz nicht beigetreten waren und nunmehr gänzlich leer ausgingen.
Strenge wurde von der Behörde beim Wiederaufbau auf die Einhaltung der Bauordnung gesehen: Die Stadel sollten aus dem Markte entfernt, die Straßen gerade geführt und erweitert und die Häuser bis zum Scharrdach gemauert werden. Bald herrschte die regste Tätigkeit wie in einem "Ameisenhaufen", über 800 Arbeiter hatten zu tun und schnell erwuchs aus dem Trümmerhaufen der neue Markt mit seinen stattlichen Gebäuden. Bereits nach vier Monaten war die Kirche soweit hergestellt, daß der Gottesdienst in ihr wiederum seinen Anfang nehmen konnte. Einige Jahre später hatte sich Saalfelden gänzlich erholt und bildet heute einen der stolzesten Märkte des Landes.
Professor Dr. Heinrich Ploy."
Quelle
- "Salzburger Chronik", 22. Jänner 1924, Der Brand von Saalfelden am 23. [richtig: 29.] Juli 1811. ein Beitrag von Heinrich Ploy