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Die Gehaltslücke bleibt groß: Frauen arbeiten heuer 44 Tage lang gratis

Teilzeitarbeit, Kinderbetreuung, Jobs in schlechter bezahlten Branchen: Frauen verdienen aus vielerlei Gründen immer noch deutlich weniger als Männer. In Österreich bewegt sich zu wenig, damit sich das ändert.

Andrea Kirchtag ist Geschäftsführerin der Beratungsstelle Frau & Arbeit: „Wir brauchen in den Unternehmen mehr Lohntransparenz.“
Andrea Kirchtag ist Geschäftsführerin der Beratungsstelle Frau & Arbeit: „Wir brauchen in den Unternehmen mehr Lohntransparenz.“

Jeder zweite Mann, der über diesen Artikel stolpert, dürfte ihn nicht lesen. Denn 50 Prozent der Männer in Österreich halten den Gender Pay Gap, die Einkommenslücke, die sich zwischen Mann und Frau auftut, für kein richtiges Problem, wie die aktuelle "Gehaltsfairness-Studie" von PwC Österreich mit 1000 Befragten zeigt. Frauen dürften das anders sehen.

Der Gender Pay Gap beträgt aktuell 12,18 Prozent. Umgerechnet sind das 44 Tage - damit ist der 13. Februar der Tag, bis zu dem Frauen in Österreich statistisch betrachtet unbezahlt arbeiten. Im Vergleich zu 2023 wurde nur ein Tag wettgemacht. Wobei die Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau weit aufgehen können, je nachdem, wie und was eine Frau arbeitet und in welchen Familienverhältnissen sie lebt.

Mit Kindern steigt Gehaltsschere zwischen Eltern auf 47 Prozent

Die linksliberale Denkfabrik Momentum hat sich dafür die Paarhaushalte genauer angeschaut. Das ernüchternde Ergebnis: Vollzeit- und teilzeitbeschäftigte Frauen zwischen 25 und 54 Jahren zusammen betrachtet bekommen im Schnitt rund 40 Prozent weniger gezahlt als ihre Partner, die im gleichen Haushalt leben. Mit Kindern steigt die Gehaltsschere zwischen den Eltern auf 47 Prozent an. Ohne Kinder im gemeinsamen Haushalt sind es knapp ein Viertel.

Wenn beide Partner Vollzeit arbeiten, bekommt die Frau laut Momentum-Untersuchung immer noch um 17 Prozent weniger bezahlt. Sind Kinder im Haushalt, beträgt die Lücke bis zu 21 Prozent.

Österreich beim Gender Pay Gap an vorletzter Stelle

Ein geringeres Einkommen wirkt sich nicht nur im Alltag der Betroffenen negativ aus, langfristig erhalten Frauen auch geringere Pensionen - aktuell um durchschnittlich 30 Prozent weniger, unterstreicht die BPW Austria (Business and Professional Women), eine Gesellschaft berufstätiger Frauen. Im europäischen Vergleich, wird betont, liege Österreich beim Gender Pay Gap an vorletzter Stelle. "An der Situation der Frauen hat sich nichts geändert", erklärt BPW-Präsidentin Rita Volgger und führt das unter anderem auf immer noch fehlende Kinderbetreuungsplätze sowie den signifikant höheren Frauenanteil in den am schlechtesten bezahlten Branchen zurück.

Auch wenn Frauen in Technikberufen arbeiten, verdienen sie weniger

"Man kann es mit der höheren Produktivität in der Industrie erklären, dennoch sollte man darüber diskutieren, warum die Arbeit mit Maschinen besser entlohnt ist als die Arbeit mit Menschen", sagt Andrea Kirchtag, Geschäftsführerin von der gemeinnützigen Gesellschaft Frau & Arbeit in Salzburg, und sie betont: "Und selbst wenn Frauen in Technikberufen arbeiten, verdienen sie weniger als ihre männlichen Kollegen." Kirchtag fordert die Unternehmen zu mehr Lohntransparenz und Einkommensberichten auf, "nur so bringen wir etwas weiter".

Die niedrigeren Einkommen von Frauen seien auch ein entscheidender Grund für die höhere Teilzeitquote in Zusammenhang mit der Kinderbetreuung. "Wer weniger verdient, der reduziert", so Kirchtag. Sie fordert eine gerechtere Aufteilung der Kinderbetreuung. Von Modellen wie der "Herdprämie", bei der Frauen für das Länger-zu-Hause-Bleiben bei den Kindern aus öffentlichen Geldern bezahlt werden, hält die "Frau & Arbeit"-Chefin nichts: "Das bedeutet, dass die Frauen länger weg vom Arbeitsmarkt sind, dass der Wiedereinstieg schwieriger wird und die Teilzeitquote noch mehr steigt."

Weiterhin "sehr konservatives Rollenbild" in Österreich

Carmen Treml vom unabhängigen Thinktank Agenda Austria hebt die hohe Arbeitsquote der Frauen in Österreich von über 70 Prozent hervor, "die wird gerne unter den Tisch gekehrt". Problem sei freilich die Teilzeitquote von über 50 Prozent, wenn es um die Gehaltslücke zu den Männern geht. Treml rät Unternehmen, verstärkt auf flexiblere Arbeitszeitmodelle zu setzen. Damit ließe sich einerseits "sowohl für Väter als auch Mütter" die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, andererseits könnte damit gerade bei Frauen vorhandenes Potenzial gehoben werden. Als Hürde sieht Treml das weiterhin "sehr konservative Rollenbild" in Österreich. Das dürfte sich verfestigen.

Laut jüngstem Wiedereinstiegsmonitoring der Arbeiterkammer Salzburg geht in nicht einmal zwei von zehn Partnerschaften der Mann in Väterkarenz. Und länger als ein halbes Jahr bleiben überhaupt nur 0,4 Prozent der Väter beim Nachwuchs zu Hause.

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