Eine gute Ausrüstung und Kurse sind für das Kajakfahren unerlässlich. Dann eröffnet sich einem eine breite Welt: von ausgedehnten Flusswanderungen bis zu Überschlägen im Rodeoboot.
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Beim Kajakfahren gilt es sich einen Weg durch die Felsen im Fließgewässer zu bahnen und dabei stets einen Überblick zu bewahren.
Am Anfang steht immer die genaue Sichtung des Terrains. Anhand von Karten, darunter besonders jene des Deutschen Kajakverbands sowie Informationen aus dem Internet, lässt sich das Gebiet, durch das sich der Bach schlängelt, bereits ein Stück weit eruieren. Wo sind Stellen zum Einsteigen, wo zum Aussteigen? Wo befinden sich potenzielle Gefahren? Doch allein die im Vorfeld eingeholten Informationen reichen nicht. "Wir befinden uns hier in der wilden Natur und es kann immer sein, dass in der Zwischenzeit eine Mure abgegangen oder ein Baum umgefallen ist", erklärt Karl Ehrenbrandtner. Der Salzburger ist Tourenführer bei der Wildwassergruppe des Alpenvereins Salzburg - und übt den Sport bereits seit mehr als 40 Jahren aus. "Wir hatten damals in der AHS eine Sportwoche in Oberösterreich. Als ich das Kajaken ausprobiert habe, wusste ich: Das will ich wieder machen. Sobald ich einen Führerschein hatte, habe ich mir ein Auto und ein Boot gekauft."
Sicherheit ist das oberste Gebot
Wer sich für das Kajakfahren entscheidet, steht vor einer großen Auswahl an Möglichkeiten. Da sind erstens die sich sehr unterschiedlich gestaltenden Gewässer, die in die Schwierigkeitsstufen eins bis sechs unterteilt sind. Zweitens variieren die unterschiedlichen Bootkategorien stark in ihrer Größe, ihrem Schnitt und damit einhergehend ihrem Zweck. Während sogenannte Touren- oder Wanderkajaks für längere Ausflüge dreieinhalb bis fünf Meter lang sind und viel Platz für Gepäck bieten, gestalten sich die unterschiedlichen Formen der Wildwasserkajaks sowohl robuster als auch kleiner und damit wendiger. Besondere Freestyle- oder Rodeokajaks ermöglichen gar, Tricks und Sprünge auf stehenden Wellen auszuführen, River Runner wiederum eignen sich für leichtes bis mittleres Wildwasser.
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Die Lammerklamm bei Scheffau ist beliebt unter Kajakern.
Unabhängig davon, für welche Disziplin man sich einmal entscheidet, ist eine gute Vorausbildung unerlässlich, bevor man sich mit dem eigenen Gefährt ins Wasser begibt. Das Angebot an Kursen ist dabei breit und reicht von Einsteiger- über Fortgeschrittenen- und Sicherheitskurse bis hin zu Exkursionen ins Ausland. "Wer sich mit dem Kajak ins Wasser begibt, sollte nicht nur wissen, wie er dieses befährt, sondern auch in der Lage sein, richtig zu reagieren, wenn er oder sie kentert oder jemand Hilfe benötigt", erklärt Ehrenbrandtner. So komme es immer wieder vor, dass Laien es zwar schafften, nach einem Kentern zum Ufer zu schwimmen und wieder sicher zurück an Land zu gelangen - die Ausrüstung treibt jedoch weiter davon. "Wenn so ein Vorfall dann auch noch nicht gemeldet wird, sichtet ein Passant möglicherweise das unbemannt treibende Boot und es kommt zu einem Feuerwehr- und Polizeieinsatz auf der Suche nach der mutmaßlich verunglückten Person."
Der Blick von unten aus der Schlucht
Das Wildwasserkajakfahren, umgeben von den Alpen und damit Klammen und Schluchten, aus denen sich nicht jederzeit aussteigen lässt, nennt sich auch alpines Kajakfahren. Es übe schon allein aufgrund der Landschaften einen großen Reiz auf Naturliebhaber aus, beschreibt Ehrenbrandtner. "Man sieht die Umgebung rund um die Schluchten und Klammen von einem anderen Standpunkt aus als sonst, allein schon dieser Blickwinkel ist beeindruckend." Auch dass sich die natürlichen Gewässer durch ihren Pegelstand sowie die Kubikmeter, die pro Sekunde flussabwärts strömten, stetig mit den Jahreszeiten und Wetterlagen veränderten, mache den Sport so interessant.
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Kajakfahrerinnen und -fahrer schätzen auch die Natur, die sie in den schnell strömenden Gewässern umgibt.
Diese Abhängigkeiten vom Wetter und der Natur lassen allerdings auch den Klimawandel deutlich spüren. "Wir haben weniger Schnee und damit auch weniger Schneeschmelze. Zusätzlich sind die Sommer häufig sehr trocken", erklärt der Experte, "das führt dazu, dass viele kleinere Bäche sehr häufig nicht genug Wasser haben, um sicher auf ihnen fahren zu können." Die typischen Starkregenfälle verunmöglichen ein sicheres Fahren auf den Gewässern wiederum ebenfalls. Immer häufiger müsse man auf größere Fließgewässer, zum Teil auch in größerer Entfernung, ausweichen, darunter die Salzach im Pinzgau, die Enns und Inn-Abschnitte in Tirol, in die der Zufluss der Ötztaler Gletschern speist. "Im Oktober und November haben wir dann viel Regen und in den Bächen befindet sich entsprechend auch genug Wasser, aber die Tage sind schon merklich kürzer und die Temperaturen kühler."
Verschnaufen und spielen im Kehrwasser
Dass das Wasser in einem Fließgewässer nicht nur stromabwärts, sondern bei Hindernissen wie Felsen gegen den Strom zu dem jeweiligen Hindernis hinfließt, machen sich Kajakfahrerinnen und -fahrer zunutze. "Die Forelle kann sich in dieses Kehrwasser hineinstellen und verschnaufen, wir als Kajakfahrer tun das ebenso", erklärt Ehrenbrandtner, "diese Stellen bieten auch die Möglichkeit, das Gelände wieder weiter einzusehen, bevor man weiterfährt. Es ist unbedingt nötig, stets auf Sicht zu fahren." Denn nicht nur gilt es sich seinen Weg durch die Steine und Felsen im Wasser zu finden - auch Wasserwalzen, in sich überschlagende Wellen, können eine große Gefahr darstellen, "dann nämlich, wenn sie größer sind als das eigene Boot". Geübte Kajakfahrerinnen und -fahrer seien sogar in der Lage, Tricks und gar Überschläge in diesen Walzen zu vollführen, "das nennen wir auch ,Spielen'".
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Wildes Abenteuer in der Noce, die am Corno dei Tre Signori in der Ortler-Gruppe entspringt.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte es zu einem Kentern kommen, empfiehlt es sich dringend, das Kajakfahren nicht allein auszuüben, sondern immer in einer Gruppe unterwegs zu sein. Je nach Können der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Ausflugs sei es sogar sinnvoll, dass zwei Menschen schwierige Passagen von Land aus absichern. "Wenn es zu einem Unfall kommt, können diese Personen dann einen Wurfsack auswerfen, eine Art Boje am Seil, und zu zweit die gekenterte Person aus dem Wasser herausziehen", sagt Ehrenbrandtner. Sei keine Person an Land, könne man sich auch gegenseitig das Heck des eigenen Boots zum Anhalten anbieten. "Es ist wie beim Bergsteigen. Die Gruppe muss sich immer nach der schwächsten, ungeübtesten Person richten."
Zusammen ist man weniger allein
Überhaupt sei das Kajaken ein toller Sport für Erlebnisse in der Gruppe. "Auch hier gibt es viele Parallelen zum Bergsteigen", erklärt Ehrenbrandtner, "wer sich dazu entscheidet, allein Kajak zu fahren, nimmt sich selbst die Dynamik und den Spaß, der mit der Gruppe einhergeht, vom gemeinsamen Planen über den Ausflug selbst bis hin zur Nachbesprechung. Und natürlich ist er auch weniger sicher, wenn ihm im Ernstfall niemand helfen kann." Auch für Familien eignet sich der Sport, besonders in den niedrigen Schwierigkeitsstufen, "da wird man kaum nass, hat deutlich geringere Risiken und kann in den Sport hineinfinden".
Entscheidend ist in jedem Fall die richtige Ausrüstung. Dazu gehören beim Kajakfahren nicht nur das Boot, sondern auch ein Helm, eine Schwimmweste, ein Kälteschutz in Form eines Neopren- oder Trockenanzugs und entweder alte Sportschuhe oder Neoprenschuhe, "auf keinen Fall aber Sandalen oder gar barfuß". Ein Trockenanzug, unter dem sich zusätzlich warme Bekleidung anziehen lässt, eignet sich dabei für die kalten Jahreszeiten besonders gut, "so kann man das ganze Jahr über Kajak fahren".
Kajakfahren in aller Kürze Bei Kursen lassen sich die Basics des Kajakfahrens wie auch die Techniken für schwierige Gewässer und Sicherheitsmaßnahmen erlernen. Aufgrund der Gefahren, die vom Wassersport ausgehen, sind diese Kurse unerlässlich. Die richtige Ausrüstung ist ebenfalls dringend erforderlich und schützt zusätzlich. Dazu gehören bei der Bekleidung ein Helm, eine Schwimmweste, ein Neopren- oder Trockenanzug und Sport- oder Neoprenschuhe. In einer Gruppe ist man nicht nur sicherer unterwegs, sondern kann auch gemeinsam planen und die tollen Erlebnisse in der Natur miteinander genießen.