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Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit: "Weiterbildung ist zeitlos wichtig"

Nach einem Nachfrageeinbruch in der Pandemie ist Weiterbildung derzeit wirtschaftlich bedingt erneut unter Druck. Dabei sei gerade kontinuierliche Weiterbildung für den Wirtschaftsstandort entscheidend, sagt Experte Christian Bayer. Michael Roither

Weiterbildung bleibt trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Österreich.
Weiterbildung bleibt trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Österreich.

Seit 2009 veröffentlicht die Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung (PBEB) jährlich eine "Studie zur Weiterbildung in Österreich". Befragt wurden im Frühsommer gemeinsam mit Makam Research 400 Personal- und Bildungsverantwortliche in Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden. "Es zeigt sich, dass kontinuierliche Aus- und Weiterbildung für Unternehmen zeitlos wichtig ist", betont Christian Bayer, Sprecher der PBEB.

Wie haben sich die Weiterbildungsbudgets in den letzten Jahren entwickelt? Christian Bayer: Wenn wir zurückblicken: Nach der Finanzkrise 2009 ging es bergauf, die Budgets sind bei den Unternehmen kontinuierlich gestiegen - bis 2020. Dann kam der enorme Einbruch. 2020/21 sind die Teilnahmen bei den größten Erwachsenenbildnern teils um die Hälfte zurückgegangen. Dort, wo die Umstellung auf digitale Formate schnell gelungen ist, war der Einbruch geringer. In den Folgejahren 2021 bis 2023 gab es dann einen Nachholeffekt. Gleichzeitig sehe ich, dass viele Unternehmen - nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels - ihre eigenen Bildungsaktivitäten deutlich ausbauen.

Weiterbildung wird oft als "immer wichtig" bezeichnet. Aber wer investiert wirklich - und auch dann, wenn es schwierig wird? Die große Linie lautet: Weiterbildung ist ganz wichtig, das sagen wir immer schon. Aber wenn es hart auf hart kommt, wie jetzt in manchen Branchen, wird dort und da gespart. Aber genau dann ist es entscheidend, kontinuierlich dranzubleiben. Denn nicht alles lässt sich nachholen. Unternehmen fragen sich aktuell: Wo bringt eine Investition wirklich etwas? Die Rückmeldung ist relativ konstant: Persönlichkeitsentwicklung, technische Themen und aktuell auch KI. Persönliche Skills werden immer im Vordergrund stehen - sie helfen, neue Technologien besser zu nutzen und Veränderungen zu meistern.

Welche Rolle spielen Konjunktur und Rahmenbedingungen? Weiterbildung folgt teils zyklischen, teils antizyklischen Mustern: In Hochphasen von Industrie oder Tourismus gibt es beispielsweise weniger Zeit für Kurse, in schwierigen Zeiten fehlen hingegen oft Geld und Ressourcen. Budgetgrenzen aufseiten der öffentlichen Hand spielen auch eine Rolle - etwa die begrenzten AMS-Mittel oder der Wegfall der bisherigen Bildungskarenz. Gerade in Krisenzeiten ist Weiterbildung aber sinnvoll: Je mehr Skills jemand hat, desto resilienter ist sie oder er als Arbeitskraft. Hier braucht es seitens der Unternehmen nachhaltiges Engagement, zum Beispiel lediglich breit E-Learning-Kurse anzubieten, reicht nicht - und diese erreichen auch nicht alle.

Apropos E-Learning - wie sehen Sie die digitale Entwicklung? In der betrieblichen Weiterbildung hat sich Online- und Hybridlernen bei 15 bis 20 Prozent eingependelt. Es ersetzt aber nicht den persönlichen Austausch, das Netzwerken und den sozialen Kontakt. Gerade bei Persönlichkeitsentwicklung ist die direkte Interaktion unverzichtbar.

Welche Rolle spielen die Vortragenden in der Weiterbildung? Eine zentrale, wie auch die Studie zeigt. Sie sind die Guten, jene, die Wissen weitergeben. Oft höre ich: "Muss Herr X oder Frau Y wirklich so viel vortragen, er oder sie hat doch auch andere Aufgaben?" Das ist nicht zielführend. Wer sein wertvolles angewandtes Wissen teilt, leistet einen großen Beitrag - dafür braucht es Anerkennung und Unterstützung.

Was erwarten Sie von der Politik? Die Bundesregierung will eine neue Strategie für lebenslanges Lernen vorlegen - das ist gut und überfällig, die letzte stammt aus 2010. Auf EU-Ebene gab es u. a. gerade das "Year of Skills". Diese und weitere Initiativen sind wichtig, auch wenn derzeit scheinbar andere Themen dominieren. Es gilt weiter, Exzellenz anzustreben, vor allem in hoch qualifizierten Bereichen. Wichtig ist dafür auch eine gemeinsame Linie in der Politik.

Studie "Weiterbildung in Österreich 2025" im Überblick

Bedeutung Weiterbildung: 50 Prozent der Befragten erwarten zunehmende Relevanz, nur 3 Prozent einen Rückgang.

Wichtigste Themen: Persönlichkeitsentwicklung (39 Prozent), Technik/Produktion (36 Prozent), Gesundheit/Arbeitnehmerschutz (32 Prozent).

Budgets: 24 Prozent der Unternehmen erhöhen Weiterbildungsinvestitionen, 68 Prozent bleiben konstant, 7 Prozent reduzieren. Trend: weiterhin Wachstum, aber langsamer.

Lernformate: Präsenztrainings sind dominant, digitale Formate & Blended Learning sind etabliert, bleiben aber in diesem Bereich bei 15 bis 20 Prozent. Der Wissenstransfer zwischen Generationen ist zentral (Peer-to-Peer 68 Prozent, interne Workshops 42 Prozent, Knowledge Bases 34 Prozent).

Künstliche Intelligenz: 74 Prozent haben eine positive Haltung, 37 Prozent setzen KI bereits ein (u. a. automatisierte Kommunikation, Onboarding, Lernunterlagen). 34 Prozent planen den Einsatz, nur 24 Prozent lehnen ab. KI gilt als Thema mit größtem Bedeutungszuwachs.

Erfolgsfaktor Anbieterwahl: Die Qualifikation/Erfahrung der Trainer:innen ist entscheidend (98 Prozent), gefolgt von Branchenfokus, individueller Betreuung, moderner Technologie.

Politische Wünsche: steuerliche Anreize (31 Prozent), Förderprogramme (27 Prozent), Bildungsschecks (27 Prozent), Unterstützung für ältere Mitarbeitende.

Fazit: Weiterbildung ist für Unternehmen Schlüssel zu Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Bewältigung neuer Herausforderungen - mit stark wachsender Bedeutung von KI und digitalem Lernen.