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Sportmediziner erklärt: So schützen Sie Ihr Knie beim Skifahren und im Alltag

"Schifoan is des Leiwandste", heißt es in der Ambros-Hymne auf den Wintersport. Für die Knie gilt das ohne Training nicht.

Mit Bewegung und speziellen Übungen lässt sich das Knie trainieren, um möglichst beschwerdefrei Sportarten wie Skifahren ausüben zu können.
Mit Bewegung und speziellen Übungen lässt sich das Knie trainieren, um möglichst beschwerdefrei Sportarten wie Skifahren ausüben zu können.

Die Auswahl wäre groß, der menschliche Körper hat 360 Gelenke, doch der Dreh- und Angelpunkt in Christian Gäblers Leben als Sportmediziner und Gelenkchirurg ist das Knie. Als "große Liebesgeschichte" beschreibt der ärztliche Direktor des Sportambulatoriums Wien seine berufliche Leidenschaft für das Knie. "Das Kniegelenk ist unser größtes und kompliziertestes Gelenk, das Paradestück dieser Gattung - und für mich auch das schönste", erklärt er sein Interesse daran, und weil es "so gefinkelt und vielseitig begabt ist", wurde ihm bis heute noch nie fad damit.

"Schmerzt das Knie sofort, ist es meist der Meniskus."
Christian Gäbler
Sportmediziner

Knieproblem fängt beim Fuß an

An diese persönliche Statistik knüpft Gäblers Vorhersage, dass "jeder Mensch irgendwann im Leben, meist ab dem Alter von 40, Probleme mit einem Knie oder beiden haben wird". Als Grund nennt er die evolutionstechnische Ausgestaltung des Knies, die mit der Lebenserwartung heutiger Menschen im wahrsten Sinne des Wortes nicht Schritt halten kann. So weit die schlechte Nachricht, die der Chirurg mit einer guten relativiert: "Sehr vieles lässt sich reparieren, einrenken, zusammennähen, austauschen."

Um Knieproblemen vorzubeugen oder bestehende in den Griff zu kriegen, rät er, an erster Stelle die Füße in den Blick zu nehmen. Denn Platt-, Spreiz-, Senkfuß und andere Fehlstellungen übertragen sich aufs Knie. Vor allem, wenn sportliche Aktivitäten intensiviert werden, versuche das Knie die Fußfehlstellungen zu korrigieren "und gerät dadurch selbst in Über- und Fehlbelastungen". Aber nicht nur Knieprobleme beginnen bei den Füßen, weiß Gäbler aus seiner Praxis. Regelmäßig kämen auch Patienten, bei denen sich die Schmerzspirale über die Knie hinaus den Körper hinaufdrehe und zu Nackenverspannungen und Kopfschmerzen führe.

Arthrose: Wie Sand im Kniegelenk

Fehlstellungen der Füße und Dauerbelastung durch Übergewicht sowie als Drittes Verletzungen nennt Gäbler die "drei apokalyptischen Reiter für das Knie". In Kombination mit Abnutzung und Alterung reiten diese drei Übel das Knie in Arthrosen. "Wenn es sich anfühlt, als würde Sand durch das Kniegelenk rieseln", beschreibt Gäbler die Alarmglocken dafür, "und wenn es zu knirschen und zu knacken anfängt, dann sind das erste Zeichen einer Knorpelschädigung."

Um Knieverletzungen vorzubeugen, rät er, den gesunden Menschenverstand einzuschalten und auf die innere Stimme zu hören. Viele Patientinnen und Patienten erzählten ihm, dass diese oder jene Verletzung mit mehr Umsicht zu vermeiden gewesen wäre. Wobei Gäbler betont, nicht der Sport sei das Problem: "Der Körper, der Bewegungsapparat, die Muskeln, die Knie, sie alle lieben Sport, sind für jede Minute Bewegung dankbar. Sport ist gesund, solange man nicht übertreibt und sich nicht verletzt."

Nach gesunden Sportarten für die Knie gefragt, antwortet der Sportarzt: "Gesund ist, was die Gelenke schont." Fahrradfahren sei da die erste Wahl, denn es verringert gegenüber dem Laufen die Belastung des Kniegelenks um 80 Prozent, ermöglicht Ausdauersport, ohne das Knie zu überlasten. Daran anschließend formuliert Gäbler die Regel: "Mit Ausdauersportarten, die Muskeln aufbauen, kann auch für die Knie wenig falsch gemacht werden, denn kräftige Muskeln stabilisieren das Knie." Sportarten jedoch mit abrupten Stopps und Richtungswechseln bringen das Knie an die Belastungsgrenzen. Beispiele dafür sind Squash, Tennis und andere Ballsportarten.

Und wie knieverträglich ist Skifahren, der österreichische Wintersport Nummer eins? Gäbler schickt der Antwort voraus, dass er neben seiner Leidenschaft fürs Kitesurfen ein begeisterter Skifahrer und Freerider ist. Doch die Verletzungsanfälligkeit dabei sei definitiv hoch. Noch überwiege der volkswirtschaftliche Gesundheitsnutzen des Skifahrens, rechnet Gäbler vor, "aber von den Wintersportarten ist Langlaufen sicher der gesündere Sport, als wenn Untrainierte die Skipisten hinunterjagen und von noch Untrainierteren niedergefahren werden". Die Statistik des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit gibt ihm recht: In der vorigen Skisaison bis Ostermontag verunfallten im organisierten Skiraum (Pisten und Skirouten) in Österreich 5244 Personen. Kollisionen sind mit 60 Prozent an erster Stelle der Unfallursachen.

Mehr Training, weniger Verletzungen

Die häufigste Bandverletzung des Knies erleidet das Kreuzband. Skifahrer und Ballsportlerinnen trifft es am öftesten, weil sie schnell ein Drehtrauma auslösen können, wenn beispielsweise Skifahrer im Skischuh fixiert nach innen knicken und ihr Oberkörper nach außen dreht. Oft genüge es schon, mit den Ski nur leicht zu verkanten, weiß Gäbler von vielen Patientenberichten, "und auf einmal hat es im Knie gekracht". Auch der Meniskus kann bei ungünstigen Drehbewegungen zwischen Ober- und Unterschenkel einreißen. Wobei die Form des Risses im Knie-Stoßdämpfer entscheidet, ob operiert werden muss, weil ein kaputter Meniskus "wie eine Glasscherbe wirken und das Knie ruinieren oder harmlos sein kann". Als Faustregel nennt Gäbler: "Schmerzt das Knie sofort, ist es meist der Meniskus. Tut es erst nach zwei, drei Kilometern weh, ist es oft ein Läuferknie."

Kniebeugen auf instabiler Unterlage, mit Gymnastikball, Gewichtsweste oder gar Langhantel gehören genauso zum passenden Training wie Ausfallschritte, Standwaage, Zehenspitzenstand und weitere Gleichgewichtsübungen. "Je mehr auf Muskel- und Koordinationstraining geachtet wird, desto geringer ist das Verletzungsrisiko." Auch für das Knie gelte die Regel: "Wie man ins Leben hineinschreit, so kommt es zurück!" Er rät, die Übungen in den Tagesablauf einzubauen, schon beim Zähneputzen abwechselnd auf einem Bein zu stehen, Stiege statt Lift zu nehmen und "immer daran zu denken: Körper und Knie sind für jede Minute Bewegung dankbar."