Max Reinhardt
Max Reinhardt (* 9. September 1873 in Baden, Niederösterreich; † 31. Oktober 1943 in New York, Vereinigte Staaten von Amerika), eigentlich Max Goldmann, Schauspieler, Regisseur und wird als einer der Mitgründer der "Salzburger Festspiele" bezeichnet.
Leben
Seine Eltern waren der aus Stampfen bei Pressburg stammende jüdische Kleinhändler Wilhelm Goldmann (* 1846; † 1911) und dessen Frau Rosa, geborene Wengraf (* 1851; † 1924), aus Brünn. Max Reinhardt kam in Baden bei Wien zur Welt kam, wo die Familie die Sommerfrische verbrachte. Max, das älteste von acht Kindern, hatte vier Brüder und drei Schwestern. Nach dem Besuch der Realschule, die er schon Anfang 1888 mit 15 Jahren verlassen musste, und der Bürgerschule ging der als "stiller, sehr scheuer Bub" bekannte Schulabgänger zunächst anderthalb Jahre bei dem Fabrikanten Heinrich Teltscher in die Lehre. Sowohl in Teltschers Weberei als auch bei einer anschließenden einjährigen Bank-Lehre sollte Max Goldmann sich nach dem Willen seiner Eltern kaufmännisches Denken aneignen. Erst anschließend willigten seine Eltern ein, dass er Schauspielunterricht erhalten durfte, unter anderem bei dem Burgtheater-Statisten Rudolf Perak. Max Goldmann debütierte im April 1890 an einer Wiener Privatbühne, dem "Fürstlich Sulkowsky Privat-Theater" in Matzleinsdorf. Er spielte auch auf Vorstadtbühnen und erprobte sich in Schwänken, Possen, Volksstücken.
Im Oktober 1893 übernahm er ein Engagement am neueröffneten Stadttheater Salzburg, wo er 52 unterschiedliche Rollen an 175 Tagen in einer Spielzeit spielte. Dass ein Schauspieler mehrere, viele Rollen spielte, war damals durchaus üblich. Die Salzburger Presse lobte sein schauspielerisches Talent sehr.[1] Im Ensemble der Spielsaison 1893/1894 wurde er als Darsteller von Charakterrollen angekündigt.[2]

Zum 1. September 1894 wechselte Max Reinhardt an das Deutsche Theater in Berlin.
1918 erwarb Reinhardt das Schloss Leopoldskron in Salzburg, das bis zur Enteignung durch die Nationalsozialisten 1938 ein Treffpunkt von Künstlern ist. Im April 1918 brachte das "Neue Wiener Journal" die Meldung, dass Max Reinhardt für die nächste Spielzeit die Gründung eines Festspielhauses in Salzburg beabsichtige. In diesem Artikel wird Reinhardt auch mehrmals als dessen Leiter genannt.[3] Aber Reinhardt war nicht der Erste, der die Idee zu einem Festspielhaus in Salzburg gehabt hatte.
Während des Mozartfestes im Sommer 1906 anlässlich des 150. Geburtstags von Wolfgang Amadé Mozart hatten sich täglich fünf Männer auf der Veranda des Hotel zum Goldnen Schiff am Residenzplatz getroffen. Mozarteumsfunktionär Friedrich Gehmacher, der wie Gehmacher dem Altherrenverband des Wiener akademischen Gesangsverein angehörender Redakteur und Musikschriftsteller Heinrich Damisch, der ehemalige Hofapotheker Dr. Wenzel Sedlitzky, der als "bester Mozartspieler Europas" gerühmte Carl Prohaska, Professor am Wiener Konservatorium und ein Vetter Damischs, der auch als Komponist geschätzt war, und der Chefredakteur des "Salzburger Volksblattes" Rudolf von Freisauff. Sie alle gehörten seit einigen Jahren dem Mozart-Festkomitee an. Sie planten bereits das nächste Mozartfest, doch nach Ende des Mozartfestes 1906 blieben nur Gehmacher und Damisch der ursprünglichen Proponenten am Residenzplatz übrig. Deren beiden wichtigstes Anliegen war der Bau eines Festspielhauses in Salzburg als Gedenkstätte für Mozart nach dem Vorbild des Bayreuther Festspielhauses.
Die beiden fanden im Sommer 1916 ein passendes Grundstück unterhalb der in Wallfahrtskirche Maria Plain. Einwendungen des Denkmalschutzes und Mitgliedern der Stiftung Mozarteum, allen voran die Sängerin Lilli Lehmann, brachten diesen Plan aber zum Scheitern.
Am 1. August 1917 gründete er aber dann gemeinsam mit Friedrich Gehmacher den Verein Salzburger Festspielhaus-Gemeinde. Dieser war zunächst Forum für Idealisten, der von einem Mozartfestspielhaus in Salzburg träumte, der in Kriegs- und Nachkriegszeit dafür Spenden auftrieb, der eine Zeitschrift herausgab und erste Subventionen besorgte. Ab 1920 war er Veranstalter der Salzburger Festspiele. Das idealistische wie organisatorische Fundament dafür hatten Heinrich Damisch und Friedrich Gehmacher gelegt. Weil ihnen der Glamour der Künstler fehlte, werden sie nie als Gründerväter bezeichnet. Dieser Titel wird Max Reinhardt, Hugo von Hofmannsthal, Franz Schalk und Richard Strauss zuerkannt, obwohl diese erst ein bis drei Jahre nach Gründung des Vereins Festspielhaus-Gemeinde in dessen Organisation eingebunden wurden, nämlich als Mitglieder des Kunstrats. Das führte zum Bruch mit der Stiftung Mozarteum.[4]
Innerhalb der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde wurde immer wieder heftig gestritten. Das bewog den ersten Festspielpräsidenten Alexander Prinz Thurn und Taxis 1922 dazu, dieses Amt niederzulegen. Auch um seine Nachfolge gab es ein Geplänkel. Richard Strauss wurde nach langem Hin und Her neuer Festspielpräsident, Max Reinhardt war darüber gekränkt, dass nicht er Präsident wurde. Bei den Salzburger Festspielen 1923 spielte dann Max Reinhardt nur Molières "Eingebildeten Kranken" im Schlosspark von Schloss Leopoldskron und einmal im Stadtheater.
Zwischen 1920 und 1937 führte er 37 Mal die Regie bei Salzburger Produktionen.
Der Anschluss 1938 beendete die Ära Reinhardt. 1938 wurde das Schloss Leopoldskron von der nationalsozialistischen Regierung als "jüdischer Besitz" konfisziert. Reinhardt, der zu dieser Zeit in Hollywood lebte und arbeitete, kehrte nie mehr nach Leopoldskron zurück. In einem Brief an seine Frau Helene Thimig, schrieb Reinhardt: "Ich habe achtzehn Jahre in Leopoldskron gelebt, wirklich gelebt, und ich habe es lebendig gemacht. Ich habe jedes Zimmer, jeden Tisch, jeden Sessel, jedes Licht, jedes Bild gelebt. Ich habe gebaut, gezeichnet, geschmückt, gepflanzt und geträumt davon, wenn ich nicht da war. (...) Ich habe es immer feiertäglich geliebt; nie als etwas Alltägliches. Es waren meine schönsten, reichsten und reifsten Jahre (...) Ich habe es verloren, ohne zu jammern. Ich habe alles verloren, was ich hineingetragen habe. Es war der Ertrag meiner Lebensarbeit."[5]
Privat
1897 lernte Max Reinhardt Else Heims in Berlin kennen, eine Offizierstochter, deren gesellschaftliche Stellung ihm den Einstieg ins bürgerliche Leben erleichtern und die Türen in die besseren Berliner Kreise öffnen sollte. Mit der Sängerin Auguste Kornfeld hatte er außerdem die uneheliche Tochter Jenny Kornfeld (* 1899; † 1972). Am 22. Juli 1910 heiratete Reinhardt die Schauspielerin Else Heims (* 1878; † 1958) in Maidenhead in England, mit der er zwei Söhne hatte, Wolfgang Reinhardt und Gottfried Reinhardt. Beide Söhne wurden Filmproduzenten in Hollywood.
Im Juni 1935 hatte Reinhardt in Reno in den USA die Scheidung vollziehen lassen können und heiratete in zweiter Ehe die Schauspielerin Helene Thimig (* 1889; † 1974), die er bereits 1913 kennengelernt hatte. Sie stammte aus einer berühmten Wiener Schauspielerdynastie. Ihr Vater Hugo Thimig war Schauspieler und zeitweise Direktor des Wiener Burgtheaters. Auch ihre Brüder Hermann Thimig und Hans Thimig arbeiteten ihr Leben lang als Schauspieler und Regisseure. Da seine erste Ehefrau Else Heims sich einer Scheidung viele Jahre lang widersetzt hatte, war das Zusammenleben von Max Reinhardt und Helene Thimig "von Anfang an von Heimlichkeiten bestimmt. Selbst auf Schloss Leopoldskron hat sie dann nie die Hausherrin gegeben, [...] sie hat sich immer im Hintergrund gehalten, immer Gast unter Gästen gespielt." Im Schauspielerischen hingegen hatte sie ab den späten 1920er–Jahren begonnen, sich von Max Reinhardt zu emanzipieren, nachdem sie gegen dessen Willen durchgesetzt hatte, dass sie am Theater in der Josefstadt (mit großem Erfolg) die "Iphigenie" unter fremder Regie (Richard Beer-Hofmann) spielen konnte. Im Frühjahr und Sommer 1931 hatten Reinhardt und Thimig sich eigens monatelang in Riga aufgehalten, um dort mittels des liberalen lettischen Scheidungsrechts am Bezirksgericht Riga eine rechtsgültige Scheidung Reinhardts von seiner Frau Else Heims auch gegen deren Willen zu erreichen. Die jedoch ohne seinerzeit zu wissen, dass die lettische Scheidung in manchen Ländern nicht anerkannt wurde. Heims hatte die Scheidung angefochten.
Chronologie
- 1873: Max Goldmann wird als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Baden bei Wien geboren.
- 1890–1892: Neben einer Banklehre nimmt er privaten Schauspielunterricht und debütiert 1890 an einem Wiener Privattheater. Danach folgen kleinere Engagements in Wien und in der Provinz. Auf den Theaterzetteln nennt er sich bereits Reinhardt.
- 1894–1902: Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin, wo er vorwiegend für das Rollenfach "alter Mann" besetzt wird.
- 1901: Er gründet mit einigen Kollegen in Berlin die Kleinkunstbühne "Schall und Rauch", aus der 1902/1903 das "Kleine Theater" wird.
- 1903: Er übernimmt offiziell die Leitung des "Kleinen Theaters" und des "Neuen Theaters" (heute Berliner Ensemble, Theater am Schiffbauerdamm).
- 1904: Seine Familie darf offiziell den Nachnamen Reinhardt führen.
- 1905: Übernahme der Direktion des Deutschen Theaters und Gründung einer Schauspielschule.
- 1906: Eröffnung der Kammerspiele, die dem Deutschen Theater angeschlossenen sind.
- 1911: Uraufführung von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" unter Reinhardts Regie am Deutschen Theater. Er wird von Richard Strauss für die Uraufführung des "Rosenkavaliers" nach Dresden geholt. Mit der Inszenierung setzt er neue Maßstäbe in der Opernregie. Er behandelt die Sänger als Schauspieler und bietet auch über die dramatischen Aspekte den Zugang zum Werk.
- ab 1912: Reinhardt, der als Begründer des neuen Regietheaters gilt, führt bevorzugt Großrauminszenierungen mit riesiger Bühnenmaschinerie und einer Vielzahl von Statisten auf. Mit diesem "Schautheater" ist er in den nächsten Jahren in der ganzen Welt präsent.
- 1915–1918: Leitung der Berliner Volksbühne.
- 1917: Reinhardt richtet am Deutschen Theater die Versuchsbühne "Das junge Deutschland" ein, die mit Inszenierungen von Stücken Oskar Kokoschkas, Else Lasker-Schülers und Franz Werfels zur Durchsetzung des Expressionismus in Deutschland beiträgt.
- 1918: Reinhardt erwirbt das Schloss Leopoldskron in Salzburg, das bis zur Enteignung durch die Nationalsozialisten 1938 ein Treffpunkt von Künstlern ist.
- 1919: Eröffnung des Großen Schauspielhauses im umgebauten Zirkus Schumann in Berlin (später Friedrichstadtpalast), das wegen Routineaufführungen auch als "Zirkus Reinhardt" kritisiert wird.
- 1920: Mitbegründer der Salzburger Festspiele.
- 1922: Reinhardt gibt die Direktion der Berliner Bühnen ab.
- 1923: Kauf und Umbau des Wiener "Theaters in der Josephstadt".
- 1924: Reinhardt eröffnet die Komödie am Kurfürstendamm (Berlin) und wird erneut Direktor der Berliner Bühnen. Er engagiert Bertolt Brecht und Carl Zuckmayer als Dramaturgen am Deutschen Theater.
- 1928: Eröffnung des Berliner Theaters und der Schauspiel- und Regieschule in Wien (Max-Reinhardt-Seminar). In seiner 1947 posthum veröffentlichten "Rede über den Schauspieler" dokumentiert Reinhardt seine Arbeitsweise und sein Credo: "Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters".
- 1932: Reinhardt gibt die Verwaltung seines "Theaterkonzerns" ab.
- 1933: Die Nationalsozialisten bieten Reinhardt eine "Ehren-Arierschaft" an, die er empört ablehnt. Er verlässt Berlin und geht nach Österreich, wo er die Direktion des "Theaters in der Josephstadt" abgibt und mit den Vorbereitungen seiner Emigration beginnt.
- 1935: Heirat mit Helene Thimig
- 1937: Die Uraufführung von Werfels "In einer Nacht" ist Reinhardts letzte Inszenierung auf europäischem Boden. Er emigriert in die USA.
- 1938: Gründung des "Max Reinhardt Workshop", einer Art Theater- und Filmakademie.
- 1943: Max Reinhardt stirbt in New York
- 1950: Mit dem Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 4. September werden sämtliche Liegenschaften, die die Gestapo Max Reinhardt im April 1938 geraubt hatte und die für den Reichsgau Salzburg verbüchert waren, an die Erben des Regisseurs rückgestellt.
- Seit 17. Februar 1953 sind die Regiebücher Max Reinhardts wieder im Besitz der Familie. Sie wurden von der Hollywood-Schauspielerin Marilyn Monroe, die die Bücher bei einer Versteigerung erworben hatte, zurückgekauft.
Erinnerung
In der Leopoldskronstraße Nr. 56 bis Nr. 58, vor dem Schloss Leopoldskron erinnert seit dem 19. April 2013 ein Stolperstein an ihn.

Am 17. August 2020 wurde ein zweiter Stolperstein für ihn vor dem Haus für Mozart verlegt.
Straßenbenennung
Nach Max Reinhardt ist der Max-Reinhardt-Platz in der Salzburger Altstadt benannt.
Bilder
Max Reinhardt – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im SALZBURGWIKI
Video-Link
- Hier der Link zu einem Filmdokument von den Salzburger Festspielen 1927 aus dem Österreichischen Filmarchiv, u. a. mit Aufnahmen von Max Reinhardt, Länge 04:17 min www.filmarchiv.at
Weblinks
- davidkultur.at Max Reinhardt und Schloss Leopoldskron
- www.sn.at 6. August 2023: "Salzburger Festspiele: Fällt Max Reinhardts "Faust" aus der Zeit?", vor 90 Jahren brachte Max Reinhardt Goethes "Faust" zu den Salzburger Festspielen. Der Theaterwissenschafter Peter W. Marx, Professor an der Universität Köln, hat diese Inszenierung erforscht. Ein Beitrag von Hedwig Kainberger
Quellen
- www.dhm.de, Deutsches Historisches Museum: Biographie von Max Reinhardt
- www.salzburgerfestspiele.at, Archiv der Salzburger Festspiele, Abfrage "Max Reinhardt"
- Josef Kaut: "Festspiele in Salzburg"
Einzelnachweise
- ↑ ANNO, "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 9. Dezember 1893, Seite 2
- ↑ ANNO], "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 21. September 1893, Seite 3
- ↑ ANNO, "Salzburger Volksblatt", Ausgabe vom 28. April 1919, Seite 6
- ↑ Quelle ist der Artikel über Heinrich Damisch und dortige Quelle ein Beitrag von SN-Redakteurin Hewdig Kainberger.
- ↑ www.schloss-leopoldskron.com/Zitat: Brief Max Reinhardt an Helene Thimig