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Schlafwandeln: Ursachen, Risiken und Tipps zur Prävention von Parasomnien

Im Schlaf sind manche Menschen mit einer Parasomnie sogar in der Lage, eine Tür aufzusperren und hinauszuwandern. Wer vom Schlafwandeln betroffen ist und was man tun kann.

Von einer Parasomnie in der Non-REM-Schlafphase sind vor allem junge Menschen betroffen.
Von einer Parasomnie in der Non-REM-Schlafphase sind vor allem junge Menschen betroffen.

Plötzlich aufschrecken aus dem Schlaf. Sich aufsetzen im Schlaf und vor sich hin murmeln. Oder sogar aus dem Bett steigen und sich, im schlafenden Zustand, aus der Wohnung herausbewegen. All das sind mögliche Folgen einer Schlafstörung, der Parasomnie. "Schlafen bedeutet für das Gehirn nicht ein vollständiges Ein und Aus, bestimmte Teilfunktionen lassen sich auch im Schlaf abrufen", erklärt Stefan Seidel, Neurologe und ärztlicher Direktor an der Klinik Pirawarth, "bei einer Parasomnie werden Teile des Gehirns in der motorischen Hirnrinde wach, was dazu führt, dass man sich bewegen kann." Allerdings seien die Stirn- und Scheitellappenareale, die der Orientierung im Raum dienen, nicht aktiv. "Das führt mitunter zu bizarren, potenziell gefährlichen Verhaltensweisen. Eine Patientin ist beispielsweise aus dem geöffneten Fenster gestiegen und aus dem ersten Stock heruntergefallen. Zum Glück hat sie sich nur die Fersenbeine gebrochen."

Parasomnien beeinflussen Schlafqualität erheblich

Unterschieden wird zwischen der Parasomnie in der Non-REM-Schlaf- und damit der Tiefschlafphase und jener in der REM-Schlafphase, in der der Schlaf wieder leichter wird. Von einer Non-REM-Schlaf-Parasomnie betroffen sind insbesondere Kinder ab vier, Jugendliche sowie junge Erwachsene bis 25. Von ihnen tatsächlich eine ganze Menge: Rund 20 Prozent erleben im Laufe ihres Lebens eine parasomnische Phase, sagt Seidel. Häufig sei eine Parasomnie genetisch bedingt. "Wenn die Menschen zusätzlich eine andere Schlafstörung bekommen, wie beispielsweise Einschlafprobleme oder zu viel Beinbewegung im Schlaf, kann das die Wahrscheinlichkeit für eine parasomnische Phase erhöhen." Auch der Konsum von Alkohol und Schlafmitteln, Schlafmangel, fieberhafte Erkrankungen und eine stark gefüllte Blase im Schlaf können Non-REM-Schlafphasen-Parasomnien begünstigen.

"Bei Verdacht auf Parasomnie ins Schlaflabor gehen."
Stefan Seidel
Neurologe

REM-Parasomnie erhöht Verletzungsrisiko

Bei der REM-Schlaf-Parasomnie handelt es sich um einen völlig anderen Betroffenenkreis: Erst ab einem Alter von etwa 60 Jahren steige das Risiko für diese Form der Parasomnie, erklärt Seidel. "Eigentlich sind die Muskeln - mit Ausnahme der Augenmuskeln- in der REM-Schlafphase gelähmt. Doch bei einer REM-Schlaf-Parasomnie beginnen Patienten, sich wieder zu bewegen, agieren ihre Träume mir ihrer Stimme aus, singen, schreien, und schlagen womöglich um sich herum. In weiterer Folge steigen sie möglicherweise aus ihrem Bett heraus und wandern herum." Auch angesichts des höheren Alters ergebe sich so ein hohes Verletzungsrisiko. Zudem sei diese Form der Parasomnie eine Indikation für ein erhöhtes Risiko für neurogenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson.

Parasomnie verhindern: Maßnahmen ergreifen

Doch was tun, um parasomnische Phasen zu verhindern? Bei häufigem Auftreten empfiehlt Seidel, die medizinische Betreuung eines Schlaflabors aufzusuchen. Im Falle von Parasomnie in der REM-Schlafphase sei es ratsam, auf eine gesunde Lebensweise mit regelmäßigen Mahlzeiten, die nicht zu spät abends sind, und ausreichend Bewegung zu achten. Im Falle jener in der Non-REM-Schlafphase sei es wichtig, auf die Risikofaktoren wie Alkoholkonsum und Schlafmangel zu achten. Für beide Formen gebe es zudem Behandlungsmöglichkeiten über Melatonin oder ein beruhigendes Schlafmittel, die mit einem Arzt abzuklären sei. "Wenn das eigene Kind betroffen ist, gibt es häufig eine bestimmte Uhrzeit, die typisch ist für parasomnische Phasen. Am besten weckt man das Kind eine halbe Stunde vor dieser Phase auf, so lässt sie sich häufig vermeiden." Die Fenster sollten geschlossen bleiben. Bei älteren Menschen sei es zudem wichtig, die unmittelbare Umgebung des Bettes abzusichern, beispielsweise einen kleinen Handlauf an das Bett zu montieren und eine Matte neben das Bett zu legen. Trifft man jemanden beim Schlafwandeln an, so sollte die Person nicht geweckt, sondern sanft wieder zurück ins Bett geführt werden.