"Wer drei Monate schlecht schläft, sollte Hilfe suchen"
Wie geht es dann im Schlaflabor weiter? Im Schlaflabor haben wir meistens zwei Nächte, die die Patientin oder der Patient in einem Einzelzimmer verbringt. Die Patientinnen und Patienten werden verkabelt: mit EEG-Elektroden, um die Tiefe des Schlafs festzustellen, mit Muskelelektroden, um die Muskelaktivität von Gesicht und Beinen zu messen, mit einem Schnarchmikrofon am Kehlkopf, weil man dort das Schnarchen am lautesten hört, sowie mit einem Brust- und Bauchgurt, um die Liegeposition zu beurteilen. Zusätzlich wird die Sauerstoffsättigung im Blut über den Finger gemessen. All diese Informationen werden die gesamte Nacht aufgezeichnet. Die Menschen können trotz all der Apparate und Verkabelungen erstaunlich gut schlafen. Am nächsten Tag werten wir das Aufgezeichnete in Epochen von je 30 Sekunden aus. Eine Nacht bei uns dauert acht Stunden, das sind also 960 solche Epochen, die wir alle per Hand auswerten. Im Anschluss besprechen wir mit der Patientin oder dem Patienten, was wir herausgefunden haben.
Was sind dann die Maßnahmen für die zweite Nacht? Auf Basis der Erkenntnisse, die wir in der ersten Nacht gewonnen haben, versuchen wir in der zweiten Nacht passende Therapiemöglichkeiten anzuwenden. So beispielsweise die Heimbeatmungstherapie: Im Falle von Schnarchen und Atempausen kollabieren die oberen Atemwege im Schlaf, und um dagegenzuwirken, wird mittels einer Maske Luft in das Atemwegssystem geblasen. So werden die Atemwege offen gehalten und das Kollabieren kann verhindert werden. In diese Beatmungsmaske ist ein medizinischer Ventilator eingebaut, der Atempausen misst und dafür sorgt, dass der richtige Druck für die Patientin oder den Patienten in das Atemwegssystem geblasen wird. Auch medikamentöse Therapien kommen für die zweite Nacht infrage.
Wie behandeln Sie Schlafstörungen? Im Fall des Schnarchens mit Atempausen, also bei einem Schlafapnoesyndrom, lässt sich die Beatmungstherapie zu Hause verwenden. Ansonsten gilt es, zu erkennen, was hinter der Insomnie steckt. Periodische Beinbewegungen im Schlaf - dass sich ein Mensch in der Nacht also viel bewegt und zappelt, es dadurch immer wieder zu kurzen Aufwachphasen kommt - lassen sich medikamentös gut behandeln. Manche Menschen empfinden einen hohen Druck, einschlafen zu müssen, weil ja der Wecker am nächsten Morgen wieder klingelt - und dann können sie genau wegen dieses Drucks nicht einschlafen. Da empfehlen wir Schlafhygienemaßnahmen, zum Beispiel keinen Fernseher im Schlafzimmer zu haben, im Bett nichts anderes zu tun, als zu schlafen, sodass der Schlaf und das Bett miteinander konditioniert sind, und Rituale vor dem Schlafengehen. Eine Bananenmilch mit Honig am Abend kann viel bewirken. Wenn nichts hilft, dann kommt kurz- bis mittelfristig das zum Einsatz, was wir versuchen zu vermeiden: schlafanstoßende Medikamente, von denen man abhängig werden kann.
Welche Maßnahmen helfen präventiv, um gar nicht erst eine Schlafstörung zu entwickeln? Ausreichend Sport und Bewegung - die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt jeden Tag 20 Minuten, bei denen man schwitzt -, sich gesund ernähren, immer zu ähnlichen Zeiten zu Bett gehen und aufstehen, Koffein nach 16 Uhr und Alkohol meiden und Probleme nicht mit ins Bett nehmen. Wenn man über etwas grübelt, versucht man es am besten im Wachzustand in einem anderen Zimmer zu lösen, zu bearbeiten oder zumindest aufzuschreiben, um auf diese Weise Gedankenkreisen zu vermeiden. Das Schlafzimmer sollte ein abgedunkelter Raum sein, in dem man sich gut entspannen kann.
Wie viele Menschen in Österreich leiden unter Schlafstörungen? Jeder Fünfte. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Ich habe meine eigene Theorie, warum das so ist: Erstens ist es häufig die Frau, die aufwacht, wenn das Kind wimmert, beispielsweise, wenn es Bauchweh hat. Frauen haben evolutionär betrachtet einen seichteren Schlaf. Außerdem neigen sie häufig dazu, Probleme in sich hineinzufressen, während Männer dazu neigen, nach außen zu gehen und sich abzureagieren, wenn sie Probleme haben.
Ab wann lässt sich von einer Schlafstörung sprechen und nicht etwa von einer kurzfristigen schlechten Phase? Früher hat man gesagt, wenn der Schlaf mindestens einen Monat gestört ist, handelt es sich um eine Insomnie, jetzt spricht man von drei Monaten. Wer über drei Monate hinweg drei Mal in der Woche schlecht schläft, sollte sich Hilfe holen. Zunächst einmal empfehle ich, mit der Hausärztin oder dem Hausarzt zu sprechen, in weiterer Folge ist das Schlaflabor eine Möglichkeit.