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Schlafapnoe erkennen: Schnarchen kann gefährliche Folgen haben

Der Schlafräuber Schnarchen geht um, oft schon in Kinderzimmern - und kann für Klein und Groß nicht nur lästig, sondern auch gefährlich sein.

Geht das Schnarchen mit Atmungsaussetzern einher, kann eine gefährliche Krankheit dahinterstecken
Geht das Schnarchen mit Atmungsaussetzern einher, kann eine gefährliche Krankheit dahinterstecken

Schnarchen ist lästig und schlafraubend. Dieser Befund ist eindeutig. Geht jedoch das Schnarchen mit Atmungsaussetzern einher, kann auch eine gefährliche Krankheit dahinterstecken. Das gehört medizinisch abgeklärt. Noch unklar ist aber, ob Schnarchen in der Evolution des Menschen einmal wichtig war oder bloß eine Nebenerscheinung der hoch entwickelten menschlichen Artikulations- und Schluckorgane ist. Eine evolutionswissenschaftliche Schule sieht im Schnarchen die Fähigkeit, mit der unsere Vorfahren in Wald und Steppe während des Schlafs Raubtiere auf Distanz hielten; in die andere Richtung argumentieren jene, die Schnarchen als Ausleseverfahren interpretieren, das Raubtiere zuerst zu älteren Gruppenmitgliedern gelockt und den Jüngeren die Gelegenheit für Flucht oder Verteidigung ermöglicht hat.

Ab 50 schnarchen die Hälfte aller Männer

Wie auch immer, heute sind nicht Raubtiere das Problem, sondern das Schnarchen als Schlafräuber. Laut Umfragen schnarcht ab dem 50. Lebensjahr mehr als die Hälfte aller Männer und ein Drittel der Frauen in einem Ausmaß, das man als "sozial störendes Schnarchen" diagnostizieren kann. Aber nicht nur Erwachsene gehören zur Schnarch-Risikogruppe, bereits Kleinkinder sind dagegen nicht gefeit, erläutert Robert Pavelka, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde sowie Kopf- und Halschirurgie, das mögliche Schnarchspektrum im Gespräch mit den SN. Er liefert damit ein erstes von vielen Beispielen für die Vielfalt von anatomischen über funktionellen bis hin zu neurologischen Ursachen, die das Schnarchen befördern und nach fachärztlicher Abklärung verlangen.

"Müde aufstehen ist ein Zeichen für Schlafapnoe."
Robert Pavelka
HNO-Facharzt

Nasenpolypen beeinträchtigen Kindesentwicklung

Bei Kindern sind Nasenpolypen und übergroße Mandeln die Schnarchauslöser: "Sie kriegen schlecht Luft, legen den Kopf zurück, haben den Mund offen und schnarchen", beschreibt Pavelka die Schlafszene und nennt sie "eine absolute Operationsindikation". Oft reiche es, die Mandeln nur zu verkleinern, anstatt sie wegzunehmen, sowie die Polypen zu entfernen, erklärt er das chirurgische Prozedere: "Schon ist das Problem gelöst, die Kinder kriegen nachts wieder Luft, schlafen besser und machen einen Entwicklungsschub - eine dankbare Operation!"

Risiken für Entwicklung und ADHS

So positiv und schnell eintretend die Folgen dieses Eingriffs sind, sonegativ und langwierig können die Folgen für nicht behandelte Kinder sein, warnt Pavelka: Neben Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen sei es möglich, dass diese Kinder unter ADHS leiden. Diese Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung ist für Pavelka, der sich seit 30 Jahren auf das Thema spezialisiert und 2003 das erste Schlaflabor auf einer österreichischen HNO-Abteilung in Wiener Neustadt eröffnet hat, nicht immer nur psychologisch erklärbar, sondern kann auch organische Gründe haben: "Weil sie in der Nacht schlecht schlafen, sind sie am Tag dann aufgedreht und überaktiv - Kinder zeigen da eine ganz andere Reaktion als Erwachsene."

Ein Alarmzeichen im Erwachsenenalter ist, wenn Schnarchen nicht nur die danebenliegenden Partnerinnen oder Partner um die Nachtruhe bringt, sondern die Schnarchenden selbst unter Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwächen leiden. Denn bei rund einem Zehntel der Schnarcher geht das Schnarchen mit Atmungsstörungen einher. Diese Personen leiden am obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Dabei kommt es während des Schlafs zu teilweisen oder kompletten Verschlüssen der Atemwege, die von zehn Sekunden bis eine Minute lang dauern und fünf bis achtzig Mal pro Stunde auftreten können. Das versetzt den Körper in Stress. Das Herz pumpt stärker, das Gehirn schlägt Alarm, das Stresshormon Adrenalin wird ausgeschüttet. Bleibt OSAS unbehandelt, nimmt nicht nur die Gefahr von Sekundenschlaf am Tag zu, auch das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfälle steigt.

Schlafapnoe behandeln: Nasenatmung verbessern

"Wenn die Leute sagen, sie gehen müde ins Bett und stehen müde auf, ist das ein typisches Zeichen für Schlafapnoe", nennt Pavelka ein leicht selbst anwendbares Diagnosekriterium. Für eine weitere Abklärung sei es oft nicht mehr notwendig, ins Schlaflabor zu kommen, sagt der frühere Vorstand der HNO-Abteilung des Landesklinikums Wiener Neustadt, sondern "das Schlaflabor kommt heutzutage zum Patienten". HNO- und Lungenfachärzte verleihen mobile Geräte, die den Schlafverlauf samt Schnarchen, Atmungsaussetzern, Sauerstoffsättigung und anderen relevanten Parametern aufzeichnen.
Bei Diagnose Schlafapnoe wird diese meist mit einer während des Schlafs aufgesetzten Beatmungsmaske und leichtem Überdruck (CPAP-Beatmung) behandelt. Bei geeigneten Fällen helfen auch Nasenspreizer, Nasenpflaster oder Zahnschienen, die den Unterkiefer vorschieben, wodurch die Atmungswege geöffnet werden. Zur Erweiterung der Atemwege gibt es auch eine Vielzahl an chirurgischen Verfahren: An erster Stelle steht dabei die Herstellung einer guten Nasenatmung, wie durch Operationen an der Nasenscheidewand, den Nasenmuscheln oder im Nebenhöhlenbereich. Im Gaumenbereich helfen je nach Ausprägung kleine ambulant und mit örtlicher Betäubung durchführbare Kürzungen von Schleimhautüberschüssen oder deren Straffung durch Radiofrequenztherapie. Zu den aufwendigeren Eingriffen gehören Mandelentfernung und chirurgische Gaumenstraffung (UPPP) oder kieferchirurgische Kiefererweiterungen bis hin zur Implantation einer Art "Zungenschrittmacher", der die Zunge im Schlaf atemsynchron vorschiebt. Bei allen Möglichkeiten sind aber auch diesen Eingriffen Grenzen gesetzt, "denn sonst können die Nebenwirkungen für das Sprechen oder Schlucken zu groß werden", sagt Pavelka; weswegen sein erster Rat ist: "Das gehört von Fall zu Fall sehr genau angeschaut und der Patient dann entsprechend beraten."