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Nach Gold bei der Almkäseolympiade geht's an einen Himalaya-Käse

Gerhard Hochgräber produziert auf der Kallbrunnalm ausgezeichneten Käse und will sich in Nepal einen Lebenstraum erfüllen.

Gerhard Hochgräbers Kallbrunner Felsbrocken zählte beim World Cheese Award 2024 zu den 100 besten Käsen der Welt.
Gerhard Hochgräbers Kallbrunner Felsbrocken zählte beim World Cheese Award 2024 zu den 100 besten Käsen der Welt.

Intensivpfleger und Käser - zwei Berufe, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben. Gerhard Hochgräber weiß, was sie verbindet, weil er einst im Krankenhaus gearbeitet hat und heute in einer Käserei. Bei beiden Tätigkeiten geht es auch darum, Laborproben auszuwerten, Befunde zu erstellen und zu ergründen, warum es einem Menschen beziehungsweise einem Käse schlecht geht und wo man am besten ansetzt, damit sich ein Mensch wieder besser fühlt und die Qualität eines Käses steigt. Mit diesem Wissen gepaart mit Leidenschaft, Improvisationstalent und der Bereitschaft, unter einfachen Umständen zu arbeiten, hat Gerhard Hochgräber schon mehrere prämierte Käse hergestellt.

"Schon als Kind hat es mich auf die Alm gezogen", erzählt Hochgräber. Melken, Milch trinken, sich die Alm anschauen - das gefiel ihm als Bub, der zwar von einem Bauernhof in der Hallertau in Bayern stammt, aber mit Landwirtschaft nichts zu tun hatte. Der Zivildienst führte ihn nach Bad Reichenhall, wo er bis heute lebt. Nach seiner Ausbildung arbeitete er mehrere Jahre als Intensivpfleger im Reichenhaller Krankenhaus und im Landeskrankenhaus Salzburg. "Ursprünglich wollte ich Koch werden und handwerklich war ich auch interessiert. Der Käseberuf vereint beides", sagt Hochgräber.

Harte Lehrjahre

Auf das Käsemachen stieß er in Spanien, wo in ihm das Bedürfnis reifte, dieses Lebensmittel selbst herzustellen. Auf einer Alm im Berner Oberland sowie in einem Alpkäserkurs lernte er das Käsen. "Es waren drei harte Lehrjahre, drei derbe Almsommer", erzählt der 56-Jährige. In Erinnerung geblieben ist ihm die viele Arbeit auf der Alm, weil die Schweizer mit Personal knapp kalkulieren würden. Inzwischen hat er nicht nur in der Schweiz gekäst, sondern auch schon in Mexiko, Südtirol, Italien, Österreich und erst vor Kurzem in Nepal.

"Die Bauern in Nepal bringen handgemolkene Milch."
Gerhard Hochgräber
Käser

Seit 2015 ist Gerhard Hochgräber der Käser auf der Kallbrunnalm. 13 bayerische und österreichische Bauern beliefern ihn mit Milch. Am Anfang des Almsommers sind es 3000 Liter täglich, die Hochgräber zu 300 Kilogramm Käse verarbeitet. Mit den Bauern spricht er sich ab, welche Sorten produziert werden. Aktuell sind es Bergkäse, verschieden gewürzter Tilsiter, Camembert, eine Art Fetakäse und Graukäse. "Die Vollproduktion läuft zwei Monate. Danach mache ich die ganzen Spezialitäten." Hochgräbers Käse gibt es in der Kashütte auf der Kallbrunnalm oder freitags beim Wochenmarkt auf dem Reichenhaller Rathausplatz.

Einflüsse auf die Milchqualität

Hochgräber wurde auf die Kallbrunnalm geholt, um die Käsequalität zu verbessern. Seine Beprobung aller Milchlieferungen stieß lange Zeit nicht bei jedem Bauern auf Verständnis. "Ich mache Rohmilchkäse und da ist der größte Knackpunkt die Rohmilchqualität", erklärt der Käser. Diese hängt nicht nur von der Gesundheit der Kühe ab, sondern auch von der Kuhrasse, dem Futter, dem Stall, der Melkanlage und der Arbeit der Sennerinnen und Senner.

Das Käsemachen auf der Kallbrunnalm ist viel Handarbeit.
Das Käsemachen auf der Kallbrunnalm ist viel Handarbeit.

Die Milchqualität und der Erfahrungsschatz von Gerhard Hochgräber schlagen sich in einem mehrfach ausgezeichneten Käse nieder: dem Kallbrunner Felsbrocken. Den hat Hochgräber ursprünglich für einen Bauern kreiert, der sich aus der Milch seiner Kühe eine Art Parmesan wünschte. Das Ergebnis beschreibt Hochgräber so: "Der Käse hat kurz eine kristallartige Struktur, er ist wahnsinnig cremig und er hat einen außerordentlich aromatischen Abgang. Sein Aroma bleibt sehr lange im Mund." Mit seinem Kallbrunner Felsbrocken hat Hochgräber schon mehrfach die Jury der Almkäseolympiade in Galtür überzeugt. Bereits drei Mal holte er Gold in der Spezialitäten-Kategorie mit voller Punktzahl.

Davon ermutigt, reichte Hochgräber seinen Felsbrocken 2024 beim World Cheese Award ein, der in Portugal ausgetragen wurde. Die Anmeldung war mit sprachlichen Hindernissen verbunden. "Und bis zum Tag der Prämierung habe ich nicht gewusst, ob der Käse in Portugal angekommen ist", schildert der Käser. Er kam an und erhielt eine Auszeichnung, die Hochgräber noch heute jubeln lässt. Unter 5000 Käsen zählt der Felsbrocken zu den 100 besten der Welt. Dafür gab es "Super Gold".

Lebenstraum erfüllt sich

Die zahlreichen Goldmedaillen sind für Hochgräber die Lorbeerblätter für seine Arbeit und für ihn der Beweis, dass er mit seinem Vorgehen auf dem richtigen Weg ist. Dieser Weg hat ihn vor Weihnachten 2024 für mehrere Wochen zu einem Freund nach Ghachok in Nepal geführt. Dort wurde schon einmal versucht, Käse herzustellen, was aber nicht klappte. 100 Bauern liefern deshalb derzeit ihre Milch ins eineinhalb Stunden entfernte Pokhara. Hochgräber ist davon beeindruckt, wie liebevoll die Bauern mit der Milch umgehen. "Die bringen handgemolkene Milch, teilweise nur 1,5 Liter." Da die Milch nicht mehrfach umgepumpt wird, werden die Moleküle nicht beschädigt. Hochgräber ist überzeugt davon, dass ein außergewöhnlicher Käse möglich ist. Er stellt sich einen Himalaya-Käse vor. Welche Sorte das sein wird, muss er noch herausfinden. Da die Bauern vor allem Jersey-Rinder halten, denkt er vielleicht an einen Camembert. Ein erster Probekäse hat jedenfalls schon geschmeckt.

Gerhard Hochgräber stellt verschiedene Rohmilchkäse her.
Gerhard Hochgräber stellt verschiedene Rohmilchkäse her.

Im Dezember fliegt der Reichenhaller wieder nach Nepal, dieses Mal für mehrere Monate. Bis dahin sammelt er Spenden, mit denen er vor Ort eine Käserei aufbauen will. Außerdem will er den Einheimischen sein Käsewissen weitergeben. "Ein Lebenstraum geht für mich in Erfüllung, weil ich schon immer einmal Entwicklungshilfe leisten wollte."