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"Rohmilchkäse hat ein unverwechselbares Aroma"

Seit Anfang der 1990er-Jahre entwickelt Franz Deutschmann besondere Veredelungen seiner Käsesorten. Der Landwirt war einer der ersten seiner Region, die auf das Milchprodukt setzten.

Die Produkte der Biohofkäserei Deutschmann sind allesamt aus Rohmilch hergestellt.
Die Produkte der Biohofkäserei Deutschmann sind allesamt aus Rohmilch hergestellt.

Es waren die Käseliebe und -kultur in Italien und Frankreich, die Franz Deutschmann inspirierten. Während sich die meisten Menschen in seiner Heimat, Frauental an der Lassnitz in der Südweststeiermark, "eher über Geselchtes vom Schwein freuen", wie der Landwirt beschreibt, interessierte er sich von Anfang an mehr für Milch und Käse. Nachdem er den bereits 170 Jahre im Familienbesitz befindlichen Bauernhof nach und nach übernommen hatte, traf Deutschmann gemeinsam mit seinen Eltern Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre zwei für die Region und damalige Zeit ungewöhnliche Entscheidungen: Erstens stellte er den Betrieb als einer der ersten hundert in der Steiermark auf eine Biolandwirtschaft um, verzichtete in Folge auf chemisch-synthetische Spritzmittel und bot seinen Tieren mehr Platz und Weideauslauf. Zweitens gründete er die Biohofkäserei Deutschmann und verschrieb sich der Herstellung von Rohmilchkäse.

Rohmilchkäse für Feinkostläden und Hotels

"Mich hat immer schon fasziniert, welch vielfältige Produkte man aus der Milch gewinnen kann", sagt Franz Deutschmann. Er begann mit einem Rohmilch-Camembert und einem Rohmilch-Schwitzkäse. Nach und nach entwickelte der Landwirt immer ausgefallenere Kreationen, veredelte seinen Käse außen mit Kürbiskernmehl und mit Rotwein. Mit seinem Konzept von hochwertigen, besonderen Käsesorten visierte Deutschmann von Anfang an den gesamten österreichischen Markt an - und kann dort punkten. "Anfang der 1990er-Jahre hat es hierzulande kaum herausragende Käsesorten gegeben", erklärt der 59-Jährige, "wir sind von Anfang an in die Städte gegangen, nach Wien und Graz, und sind dort auf reges Interesse gestoßen." Seine Nische wurde Deutschmann schon bald klar: Er steuerte das hochpreisige Segment an. Feinkostläden und Hotels, aber auch Buschenschenken und die Bistros in ÖBB-Zügen sind seine Kunden. In seiner Region habe sich sein Produkt längst etabliert. "Zu Beginn waren es zwei Geschäfte, die mir meinen Käse abgekauft haben. Mittlerweile gibt es kaum einen Ort in der Gegend, der ihn nicht im Angebot hat, er wird zum Beispiel gerne als feine Käseplatte zum Wein serviert."

Franz Deutschmann hat seinen Betrieb bereits zu Beginn der 1990er-Jahre auf eine Biolandwirtschaft umgestellt.
Franz Deutschmann hat seinen Betrieb bereits zu Beginn der 1990er-Jahre auf eine Biolandwirtschaft umgestellt.

Den Unterschied zwischen Rohmilch- und industriellem Käse hat Deutschmann rasch erklärt: "Es geht um die Wärmebehandlung. In der Industrie wird Milch erhitzt, bei 62 Grad werden Bakterien und die Keimflora getötet und das Niveau wird auf null gestellt." Bei der Rohmilch verzichte man auf diesen Schritt und erhalte so deren Flora, die auf jedem Bauernhof anders und nicht nachahmbar sei. "Die Rohmilch hat ein ganz eigenes Aroma, weil es sich um ein lebendes Produkt handelt. Das geht beim Pasteurisieren verloren." Der aus der Milch hergestellte Käse habe einen eigenen Charakter, sehr individuelle Geschmäcker und Aromen. Mittlerweile bietet Deutschmann eine Vielzahl an Weich- und Schnittkäsesorten an, darunter neben dem Camembert auch einen Käse mit Kürbiskernöl, den Honig-Traum mit Honig-Met, das Zwetschgerl mit Zwetschgen-Edelbrand und den Hofkäse als Sieben-Kilo-Laib mit einer Veredelung aus dem Schilcher, einer für die Region typischen Weinsorte. "Der Schilcher-Käse hat außen eine violette Farbe, der Kürbiskernkäse eine olivgrüne. Wir sind beim Schaffen neuer Sorten gerne kreativ." Auf seine Ideen komme er häufig auf Reisen. "In Italien und Frankreich ist es ein Beruf, den Käse zu veredeln. Doch wir müssen nichts von dort kopieren - sondern übersetzen das Ganze ins Steirische." Nicht nur die Milch, sondern auch alle weiteren Zutaten hätten Bioqualität und stammten vom eigenen Hof oder aus der Umgebung, betont der Landwirt.

Tiergesundheit im Fokus und schwierige Zeiten für Bauern

Einst waren es neun Kühe am Hof von Franz Deutschmann, heute sind es 50. Auf den Wiesen rund um den Betrieb grasen die Tiere. Auf ihr Wohl legt der Landwirt großen Wert. "Kühe haben ihre Füße nicht nur zum Aufstehen und Niederlegen, sondern brauchen Freiraum", sagt er, "sie haben bei uns die Möglichkeit, hinauszugehen, wenn sie es möchten, oder den Schutz des Stalles aufzusuchen. Wir versuchen ihnen ein möglichst naturnahes Leben zu ermöglichen." Bereits 1988 baute Deutschmann seinen Kühen einen Laufstall und sorgte damit für Aufsehen. "Bäuerliche Organisationen haben mich auf meinem Hof besucht und sich das angeschaut, wie ein Laufstall für zehn Kühe funktioniert. Mir lag damals schon am Herzen, dass sie Auslauf haben, sich bewegen können." In Schulungen und Weiterbildungen habe der Landwirt sein Wissen über die Tiere und deren Gesundheit nach und nach vergrößert.

Mit Sorge betrachtet Deutschmann die Entwicklung der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Die Pandemie habe ihm und vielen anderen Bäuerinnen und Bauern zugesetzt: "50 Prozent der Ware unseres Betriebs sind an die Gastronomie gegangen und so haben wir während Corona viele unserer Kundinnen und Kunden verloren." In der wirtschaftlich schwierigen Zeit bemerkte er eine große Zurückhaltung dabei, sich etwas zu gönnen und zu hochwertigerem Käse zu greifen. Auch sonst sehe die Situation für Bäuerinnen und Bauern nicht rosig aus: "Es gibt mittlerweile viele Orte mit mehreren Tausend Einwohnern, in denen keine Milchwirtschaft mehr betrieben wird. Viel Grünland wird umgebrochen, obwohl es sich dabei um den besten CO₂-Speicher handeln würde." Der Kostendruck für Landwirtinnen und Landwirte sei enorm, "die Teuerung der Lebensmittel kommt zum großen Teil nicht bei uns Bauern an. Sehr viele kleine Betriebe mit fünf bis sechs Hektar, die sich früher ein Einkommen erwirtschaften konnten, müssen heute aufgeben." Die Biohofkäserei Deutschmann wird es weiterhin geben, auf Wachstum setze der Landwirt aber nicht. Er plant die Übergabe an die nächste Generation, seinen Neffen.