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Luftröhre vom Kalb statt Meeresfrüchte: Drei Salzburger Schüler setzen mit "Kalb-amari fritti" Zeichen gegen Verschwendung

Wie man ein köstliches Gericht zaubert, anstatt Fleischteile wegzuwerfen. Heute geht es um "falsche Calamari", die sich völlig richtig anfühlen. Und engagierte junge Menschen, die wissen, wie es geht.

Jakob Hirsch
Kochbuchautoren Johanna, Sebastian, Catharina.
Kochbuchautoren Johanna, Sebastian, Catharina.
Kochbuchautoren Johanna, Sebastian, Catharina.
Kochbuchautoren Johanna, Sebastian, Catharina.

Es gibt so Momente, da bleibt einem die Luft weg - vor Freude. Insbesondere wenn man jungen Menschen zuhört, die an etwas glauben und einen Plan haben, wie wir unsere Welt ein bisschen besser machen. Drei davon drücken aktuell noch die Schulbank in der HBLA Ursprung. Catharina Rohrmoser, Johanna Moser und Sebastian Hupfauf haben dort ihre Abschlussarbeit geschrieben.

Hochoffiziell geht es um "das Konzept der ganzheitlichen Verwertung am Beispiel des Kalbes". Schon länger bekannt ist das unter dem Begriff Nose-to-Tail, wonach ein Tier wortwörtlich von der Nase bis zum Schwanz verarbeitet wird. Noch einfacher formuliert geht es um Wertschöpfung für die Landwirtschaft und Wertschätzung für das Lebewesen. Die zwei Maturantinnen und den Maturanten eint nicht nur, dass deren drei Familien jeweils eine Milchwirtschaft betreiben. Sie wollten gemeinsam zeigen, was die Fleischindustrie gerne verheimlicht. Und letztendlich offenbaren sie auch der Käuferschaft, dass diese vor lauter Edelteilen das Lebewesen nicht mehr sieht. So gelten Innereien - das brachte unser steigender Wohlstand mit sich - als Schlachtabfall. Sie werden zu Tierfutter oder "thermisch verwertet". Das ist verheimlichend für: verbrannt.

Catharina, Johanna und Sebastian zeigen, wie es besser geht. Und zwar mit ihrem lesens- und kochenswerten Nose-to-Tail-Kochbuch. Hätte man ein ganzes Kalb, könnte man jedes Rezept genau einmal zubereiten. In ihrem Fall der vorliegenden Kochanleitungen hieß das Kalb Flora und kam von Sebastians elterlichem Hof. So einfach und ehrlich ist das. Ihre "falschen Calamari" klingen da schon weniger ehrlich.

Was verbirgt sich also unter dem Backteig, diesem goldgelben Komplizen kulinarischer Heimlichkeiten? Tief durchatmen: die Luftröhre. Die ist ehrlicherweise gar nicht leicht zu bekommen, am ehesten noch bei der Fleischhauerin oder dem Metzger des Vertrauens. Hat man diese völlig unterschätzte Innerei aber erst einmal, lässt einen das Ergebnis den Atem anhalten. Vorausgesetzt man weiß, sie zuzubereiten. Genau daran scheitert es laut unseren angehenden akademischen Landwirten meistens. Denn ehrlicherweise erfordern Innereien ein kleines bisschen Können und ein basales Küchenwissen. Umso wertvoller und lohnender ist es, wenn diese geheimen Tipps und Tricks wieder auf den Küchentisch kommen.

Und das braucht man:
eine Luftröhre (ca. 160 g), eine Zwiebel, zwei Knoblauchzehen, 50 ml Essig, Salz, Pfefferkörner, Wacholderbeeren, Lorbeerblätter, Kümmel ganz, Butterschmalz zum Herausbacken. Für die Panade: ein Ei, 125 g Mehl, 180 ml Weißwein, Salz, Pfeffer, Muskatnuss.


Und so bekommt man "falsche Calamari vom Kalb", dass einem die Luft wegbleibt:

Die Luftröhre waschen und von der Haut befreien. Dann in einem Topf mit Wasser, den Gewürzen, Essig, einer halbierten Zwiebel und Knoblauch (beides mit Schale) für circa zwei Stunden kochen. Anschließend die Luftröhre herausnehmen, erkalten lassen und den Sud abgießen. Währenddessen einen Weinbackteig zubereiten. Dafür Ei, Mehl und Weißwein vermengen und mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Die abgekühlte Luftröhre in ein Zentimeter breite Stücke schneiden, in den Weinbackteig tauchen und in Butterschmalz goldgelb herausbacken. Für ein noch intensiveres Calamari-Gefühl fügt man ein paar Tropfen Fischöl hinzu.

Wer das maritime Original dieser frittierten Glückseligkeit üblicherweise an den Adriastränden des Friaul genießt, weiß, dass gegrillte Polenta der einzig wahre Begleiter ist. Selbstverständlich empfehlen sich auch Kartoffeln oder ein gemischter Salat. Was wir nicht verheimlichen: Die Menge eignet sich als Hauptgericht für eine Person. Unumstößliche Wahrheit ist allerdings, dass die Freude größer wird, wenn man sie teilt.