Kaffee, Bananen, Schoko oder Rosen: Der faire Handel trotzt der Krise
Der Umsatz mit Fairtrade-Produkten legte in Österreich im Vorjahr um 6,5 Prozent zu. Fairness im Handel habe angesichts der Politik Trumps einen neuen Stellenwert, sagt der Fairtrade-Chef.

Wirtschaftsflaute, Konsumzurückhaltung? Der faire Handel entwickelte sich im Vorjahr nichtsdestotrotz robust: 706 Millionen Euro wurden in Österreich für Fairtrade-Produkte wie Kaffee, Bananen, Schokolade oder Rosen ausgegeben, ein Plus von 6,5 Prozent. "Erfreulich ist vor allem, dass der Zuwachs nicht wie 2023 vor allem an den stark gestiegenen Preisen lag, sondern auch bei der Menge deutlich mehr verkauft werden konnte", sagt Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich. So habe es etwa bei Kakaobohnen ein mengenmäßiges Plus von 16,9 Prozent auf 11.557 Tonnen gegeben. Grund sei nicht nur, dass mittlerweile viele heimische Süßwarenproduzenten - von Branchengrößen wie Manner bis zu Confiserien wie Berger in Salzburg - auf Kakaobohnen aus fairem Handel setzten, sondern auch, dass so gut wie alle heimischen Handelsketten zuletzt bei den Eigenmarken im Weihnachts- und Osterangebot zu Fairtrade wechselten. Kakao hat damit im Vorjahr erstmals Kaffee überholt, was die Direkteinnahmen für die Produzenten betrifft. Mit Kaffee ist Fairtrade Österreich vor mittlerweile mehr als 30 Jahren an den Start gegangen.
Doch selbst bei Kaffee hatte es im Vorjahr mengenmäßig ein weiteres Plus von 3,3 Prozent gegeben. "Bei einem Marktanteil von mittlerweile fast zehn Prozent ein erfreuliches Ergebnis", so Kirner. Noch stärker durchgesetzt hat sich der faire Handel bei Bananen, hier führen 34 Prozent aller in Österreich verkauften Bananen das Fairtrade-Logo, bei Rosen sind es 36 Prozent. Das Limit habe man damit zwar noch nicht erreicht. "Zweistellige Zuwächse wie teils in den vergangenen Jahren sind da aber kaum noch möglich", meint der Fairtrade-Chef.
Leichte Rückgänge (-2%) gab es beim "Nischenprodukt" Baumwolle. Hier gebe es durch die komplexe Struktur mit vielen Produktionsschritten für Fairtrade Chancen vor allem bei Heimtextilien wie Handtüchern oder Bettwäsche, kaum aber im Modebereich. Ein kräftiges Minus verzeichnete Orangensaft (-33%), da habe auch die Explosion bei den Preisen eine Rolle gespielt, sagt Kirner.
Grundsätzlich seien die starken Preiserhöhungen auch bei Fairtrade-Produkten mittlerweile am Markt "verdaut". Bananen etwa, die lang unter der Schwelle von zwei Euro gehalten wurden, kosteten schon seit Monaten deutlich mehr. Bei Kaffee oder Schokolade spiele mit, dass es um Luxusprodukte und nicht Grundnahrungsmittel gehe. Dafür seien Kunden auch bereit, mehr zu zahlen. "Und auf die Tasse heruntergerechnet, kostet Kaffee damit nach wie vor kein Vermögen." Die massiven Ausreißer nach oben seien am Weltmarkt für Kaffee und Kakao zuletzt zudem wieder etwas abgeflacht. Für die Kleinbauern in den Ländern Südamerikas oder Afrikas seien die gestiegenen Preise zudem eine klar positive Entwicklung. Die seien zwar nie in dem Ausmaß bei den Produzenten angekommen, wie sie an den Börsen nach oben gingen, sagt Kirner. "Die Preise für den Kakaobauern haben sich aber verdoppelt, das heißt selbst bei einer meist geringeren Ernte, dass die Verdienstchancen steigen." Das bedeute zudem, dass es für die Kooperativen und die Bauern selbst die Möglichkeit gebe, zu investieren, sei es in neue Pflanzen und Saatgut, Infrastruktur oder Bewässerung. "Für die Zukunft extrem wichtig." Neben einem garantierten Mindestpreis - der zuletzt angesichts hoher Weltmarktpreise bei Kaffee oder Kakao nicht schlagend wurde - bekommen Produzenten unter dem Fairtrade-Siegel auch eine Prämie ausbezahlt sowie bessere Preise für die Bioproduktion, im Gegenzug müssen Standards eingehalten werden, Kinderarbeit ist verboten, der Einsatz von gefährlichen Pestiziden und gentechnisch verändertem Saatgut untersagt.
Die aktuellen Diskussionen rund um Zölle und Einfuhrbeschränkungen treffe den fairen Handel kaum. "Im Gegenteil, eigentlich wird gerade das, was unser Kernthema ist, zuletzt noch viel bewusster: Handel muss für alle Seiten fair sein und den Wohlstand steigern. Es kann nicht nur einer der Gewinner sein, und alle anderen verlieren", sagt Kirner. Was passiere, wenn man beim Handel nicht auf Fairness für alle setze und nur einer die Bedingungen diktiere, werde angesichts Trumps Politik auch Konsumenten noch bewusster. Auch fürs laufende Jahr ist Kirner damit optimistisch. Nach der Schweiz ist Österreich, gleichauf mit den Niederlanden, schon jetzt weltweit Nummer zwei, was den Kauf von Fairtrade-Produkten pro Person betrifft.
Profitieren könnte der faire Handel zudem von der - zwar zuletzt verschobenen - Einführung des Lieferkettengesetzes und der Entwaldungsverordnung in der EU. Denn gehe es um Berichtspflichten, ob Wald für den Anbau von Kakao oder Kaffee gerodet worden ist, oder um den Nachweis, dass man auf faire Bedingungen entlang der gesamten Lieferkette achte, sei die internationale Fairtrade-Organisation mit ihrer Präsenz in den Erzeugungsländern ein willkommener Partner. Gerade große Handelskonzerne seien hier über Unterstützung froh. Das Ganze berge freilich auch eine gewisse Gefahr, sagt Kirner. "Das Thema ist extrem komplex, wenn Konzerne so viel Energie dafür aufwenden müssen, rücken andere Bereiche wie der faire Handel vielleicht aus dem Blickfeld."